31. Januar 2010

Same Same But Different

I *gucci* me up.

Nicht nur, aber insbesondere auch durch Alex Garlands Roman The Beach manifestierte sich in vielen Köpfen das Bild von Südostasien als Metropole der Rucksacktouristen. Speziell die Strände Thailands haben es dabei den meisten jungen Menschen angetan. Zu ebenjenen Rucksacktouristen in Südostasien zählte auch Benjamin Prüfer, der Anfang des Jahrtausends mit 23 Jahren unter anderem nach Kambodscha gereist war. Ein Land, gebeutelt von dem Regime der Roten Khmer, das in manchen Aspekten gleich sein mag mit Deutschland – in welchen Aspekten genau, wäre zu diskutieren -, aber letztlich doch ganz anders ist. „Same same, but different“, wie ein thai-englisches Sprichwort besagt, dessen sich Regisseur Detlev Buck für seinen achten Spielfilm bedient hat. Same Same But Different erzählt nicht nur eine Geschichte über Kambodscha, sondern auch die Geschichte von Benjamin Prüfer und wie diese beiden Geschichten letztlich eins miteinander wurden.

Der Film erzählt von Ben (David Kross) und seinem Mitbewohner Ed (Stefan Konarske), die sich in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh mit Raketenwerfern und gestrecktem Kokain die Zeit vertreiben. Während eines schwül-heißen Abends in einer Diskothek lernt Ben die Einheimische Sreykeo (Apinya Sakuljaroensuk) kennen, mit der er anschließend die Nacht verbringt. Die Tatsache, dass sie sich am Morgen danach als Prostituierte offenbart, stört Ben in seiner Zuneigung nicht. In den verbleibenden Tagen seines Urlaubs nähern sich die Beiden immer mehr an, wobei Ben nicht nur Sreykeo, sondern auch ihrer Familie ein ums andere Mal Geld zusteckt. Als der Abschied naht, einigt sich Ben mit Sreykeo darauf, dass er sie weiterhin aus Deutschland finanziell unterstützt, wenn sie sich dafür eine andere Einnahmequelle sucht. Sechs Wochen später folgt für Ben dann der Schock: Sreykeo wurde positiv auf HIV getestet. Die Frage ist: wie wird er reagieren?

Nach Thailand weist Kambodscha die zweithöchste Zahl an HIV-Infektionen auf. Genauer gesagt sind es 75.000 Khmer, die an HIV leiden, was etwa 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Im Vergleich dazu gibt es in Deutschland bei einer Bevölkerung von etwas mehr als 82 Millionen Menschen „lediglich“ 56.000 HIV-Kranke. Ein Wert, der somit prozentual um die acht Mal niedriger liegt als in Kambodscha. Der HIV-Thematik widmet sich Buck speziell im zweiten Akt des Filmes, wenn Sreykeo ihrer Familie nichts von ihrer Erkrankung erzählen möchte, weil bereits ihre Schwester vor einem Jahr an dem Virus starb und sich Sreykeo nicht wichtig machen will. Oder wenn Ben größte Probleme hat, an die notwendigen Medikamente für Sreykeos Behandlung zu gelangen, enthalten viele Arzneimittel schließlich nicht das, was draußen auf der Verpackung steht. Letztlich ist der tiefgründigere Blick auf das Grundproblem von Buck im zweiten Akt ausreichend und sehr harmonisch integriert.

Allerdings ist Same Same But Different kein Film über HIV, sondern über die Liebe zweier Menschen. Zwar erweckt das Geschehen im zweiten Akt den Eindruck, als müsse Ben nur das HIV-Hindernis überwinden, doch ist selbst das Virus am Ende lediglich ein Detail. Ein viel größeres Problem als die Diagnose ist die Distanz von Hamburg und Phnom Penh sowie die Kosten, welche die Beziehung zu Sreykeo mit sich bringen. Zwar erhält Ben erst einen Praktikums- und dann einen halben Redaktionsplatz im Verlag seines Bruders Henry (Jens Harzer), aber langfristig findet sich keine Lösung. „Ich fahr hin, ich fahr zurück, ich fahr wieder hin. Ich hab einfach kein Geld mehr“, konstatiert er zu einem Zeitpunkt gegenüber Ed seine missliche Lage. Als sich diese beginnt direkt auf die Beziehung zu Sreykeo auszuwirken, steht die gesamte Romanze auf dem Prüfstein. Ein Aspekt, den Buck und Drehbuchautorin Ruth Toma bedauerlicherweise nicht genug herausstellen.

Zwar ruft Sreykeo zwischendurch per Telefon oder Videochat in Deutschland an, aber auf jedes „I miss you“ und „I love you“ lässt Buck ein „I need money“ oder „Can you give me money?“ folgen. Daher wird den gesamten Film hindurch nie vollends der Vorwurf entkräftet, Sreykeo wäre nur mit Ben zusammen, um sich von diesem aushalten zu lassen. Einmal soll er ihr Geld schicken, damit sie ihre Medizin kaufen kann, dann soll er ihrer Mutter Geld geben, damit diese es beim Glückspiel verzocken kann und ein eigenes Haus hätte Sreykeos Familie auch noch gerne. „I’m not an American millionaire“, entrüstet sich Ben zu einem Zeitpunkt schließlich zu recht, nur um anschließend wie der arrogante Westler dazustehen. Ein oder zwei ausschließlich romantische Szenen, ohne die Konnotation des Finanziellen, hätten nicht nur Same Same But Different, sondern insbesondere der Glaubwürdigkeit der Liebesgeschichte weitaus besser zu Gesicht gestanden.

Abgesehen von diesem Makel kann man Bucks neuesten Film zu den besseren Werken seiner Filmographie zählen. Same Same But Different lebt von seinen Szenen in Kambodscha, die im Vergleich zum kalten und verschneiten Deutschland weitaus lebendiger, da farbenfroher wirken. Es ist Bucks zweite Zusammenarbeit mit Jungschauspieler Kross, dem er vor einigen Jahren mit Knallhart zu seinem Durchbruch verholfen hat. Stand die Rolle des verschreckten Jugendlichen Kross damals relativ gut zu Gesicht, zeigt er auch hier wie bereits in The Reader, dass er mit vielschichtigeren und reiferen Rollen ein Problem hat. So sind es jeweils Kross’ Szenenpartner - speziell Sakuljaroensuk -, die ihm die Show stehlen. Von den in Nebenrollen verstreuten Gaststars sind manche von Nutzen (Olli Dittrich als Bens Vater), andere dagegen überflüssig (Mario Adorf als Verlagschef). Besonders nett ist jedoch Anatole Taubman geraten, dessen Auftritt an die von Bruce Campbell aus der Spider-Man-Trilogie erinnert. Insgesamt hinterlässt Same Same But Different somit einen positiven Eindruck, nicht nur für einen deutschen Film, sondern auch für sich genommen.

7/10

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