12. September 2008

Repo! The Genetic Opera

Why oh why are my genetics such a bitch?

Ein Mann, dem seine Frau genommen wurde, von seinem großen Konkurrenten. Der voller Schmerz zum Spielball wurde und der mit ebenjenem Konkurrenten um das Schicksal seiner Tochter kämpft. Das war dieses Jahr der Inhalt von Tim Burtons düsterer Musicalmär Sweeney Todd, die auf dem Bühnenstück von Stephen Sondheim basierte. Ähnlich verhält es sich jedoch auch mit der Rock-Oper Repo! The Genetic Opera, die nun ebenfalls blutig eine Familientragödie zu erzählen versucht. Der neue Film von Darren Lynn Bousman, dem Regisseur von Saw II bis Saw IV, basiert auf einem gleichnamigen Kurzfilm von Bousman selbst, welchen dieser 2006 gedreht hat. Der Kurzfilm wiederum basierte auf einem jahrelang aufgeführten Bühnenstück. So schließt sich also der Kreis und Bousman begeht nach seinen eher durchschnittlichen Saw-Fortsetzungen einen etwas künstlerischen Pfad, wird in Repo! doch gänzlich auf Sprechrollen verzichtet. Denn immerhin handelt es sich um eine Oper und gesungen wird zur Genüge. Ebenso wie sein Kollege Burton schien sich Bousman hier eher auf die Darsteller denn ihr musikalisches Talent verlassen zu haben, da man besonders Paul Sorvino, aber auch einigen anderen ihre Schwierigkeiten mit den Musikstücken anmerkt. Da kommt es Alexa Vega und Co. sicherlich gelegen, dass es sich um keine Arien, sondern Rocksongs handelt, die weniger von den Stimmen der Sänger, denn ihrer Musik getragen werden.

Wenn man so möchte, bietet Repo! einige Kritikpunkte an unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Es ist eine düstere Zukunft, die Bousman präsentiert. Ein kollektives Organversagen droht die Menschheit auszulöschen. Doch wer das amerikanische Gesundheitswesen kennt, der weiß, dass auch in Krankenhäusern nur Bares wahres ist. Wer sich keine Transplantation leisten kann, ist zum Sterben verdammt. Diese Lücke wird nun von GeneCo geschlossen, der Firma des Industriellen Rotti Largo (Paul Sorvino). Er bietet den kranken Menschen preiswert Organe an, die sie in den kommenden Jahren wieder finanziell abstottern können. Sollte es ihnen jedoch nicht möglich sein ihre Schulden zu bezahlen, tritt der Repo Man auf den Plan, welcher GeneCos Organe wieder zurück in Firmenbesitz führt. Doch Largo selbst ist unheilbar an Krebs erkrankt, weshalb sich seine drei nichtsnutzigen Kinder, allen voran die operationsgeile Amber Sweet (Paris Hilton), auf sein Erbe stürzen wollen. Aber Largo hat einen anderen Plan, will vielmehr die 17-jährige Shilo (Alexa Vega) zur Erbin machen. Als Lockmittel verspricht er ihr eine Heilung gegen ihre Blutkrankheit, die ihr von ihrer Mutter vererbt wurde, die bei der Geburt starb. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn in Wirklichkeit verbindet Largo weitaus mehr mit Shilos Familie, hatten er und Shilos Vater Nathan (Anthony Head) doch einst in Marni dieselbe Frau geliebt. Einst war es Largo, der Marni vergiftete und Nathan durch seine Schuldgefühle letztlich dazu zwang für ihn als Repo Man zu arbeiten. Jetzt schließt sich ein Kreis und die Show kann beginnen.

Die Kulisse für Bousmans Repo!-Welt ist von digital billigen Effekten gezeichnet, die jedoch im trashigen Kontext des ganzen Filmes so gut wie gar nicht stören, sondern diesen sogar zusätzlich zu bedienen wissen. Eine Welt voller chirurgischer Eingriffe, wo kaum noch jemand ohne kosmetische Korrektur und neue Organe auskommt. Wer sich seine Leber tot trink kann einfach eine neue kaufen. Die Welt von heute schon morgen, wenn man es so sehen will. Bousman erlaubt sich hier einen gelungenen Seitenhieb auf die zeitgenössische amerikanische Kultur, in der Teenager sich bereits Brustvergrößerungen und Nasenoperationen unterziehen. Es kommt auf die inneren Werte an, das erklärt auch der Grabräuber (Terrance Zdunich), der jedoch eher auf die Organe von GeneCo anspielt, denn auf ethische Werte. Die unbekannte Stadt, die in Repo! die Kulisse bildet, ist immer in Nacht gehalten, Bousman lässt keine von Sonnen durchfluteten Bilder auf seiner Leinwand zu. Es ist dunkel und es ist düster – und niemand stört sich dran. Die Menschen sind zufrieden. Zufrieden mit ihren gekauften Organen, zufrieden mit ihrer Sucht nach dem Schmerzmittel Zydrate. Da verwundert es auch nicht, dass der Mobster und Großkriminelle Rotti Largo als Heilsgestalt gefeiert wird, als Retter der Gesellschaft.

Obschon sich Repo! The Genetic Opera als Filmoper preist, finden sich durch die eine oder andere nicht gesungene Zeile. Neben den hauptsächlichen gesungenen Dialogen und einigen rockigeren Songs darf aber auch Sarah Brightman als Blind Mag eine wahrhaftige Opernarie anstimmen. Nicht zuletzt ist sie es, die professionelle Musikerin, die als einzige wirklich und wahrhaftig durch ihre Stimme überzeugen kann. Allerdings schlagen sich auch Zdunich und Vega respektabel, wobei dies hier, wie auch in Sweeney Todd, eher eine untergeordnete Rolle spielt. Die Songs selbst sind zu einem Großteil durchaus gut geraten, wobei besonders Zydrate Anatomy und Chase the Morning hervorzuheben sind. Glücklicherweise begeht Bousman nicht den Fehler seinen Film auch nur zu einem Zeitpunkt besonders Ernst zu nehmen. Auf sehr selbstironische Weise trägt er stattdessen seine Geschichte vor, die sich immer wieder derselben Stilmittel bedient und neben diesen auch mit Largos kaltschnäuzigen weiblichen Bodyguards zu amüsieren weiß. Aus der ganzen Regie doch recht namenhafter Darsteller ragt dann nochmals Hotelerbin Paris Hilton heraus – allerdings negativ. Ihr Schauspiel ist grauenhaft schlecht, sodass ihre beste Szene im Film jene ist, in der ihr sprichwörtlich ihr Gesicht abhanden kommt. Generell ist Bousmans neuer Film jedoch im Vergleich zu seinen Saw-Vehikeln eine kleine „Meisterleistung“, weiß er doch neben seinem Unterhaltungsfaktor sogar einen Funken an Sozialkritik zu präsentieren. Sein trashiger Look und seine weitestgehend gelungenen Songs machen den Film dank der einen oder anderen Goreszene und der dramatischen Komposition im Stile William Shakespeares für jeden Horrorfan durchaus sehenswert. Wie viele Horroropern kann man sonst sehen?

6.5/10 - erschienen bei Wicked-Vision

2 Kommentare:

  1. Alle meinten ja zu mir, der sei was für mich. Wird also nachgeholt.

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  2. Könnte dir durchaus gefallen, glaub ich auch. Du hast ja ein Herz für den gesungenen Film, von daher für dich fast schon Pflicht.

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