20. November 2007

The Hunting Party

Only the most ridiculous parts of the story are true.

Wenn sich Amerikaner ernsten Themen widmen wollen, geht das doch meistens eher in die Hose. Zu sehr orientiert sich das Kino dort an seinem Kunden und dieser ist nun mal dem Mainstream zugeneigt. Unterhaltung ist das magische Wort und diese finden die Jungs meistens wenn Sachen in die Luft fliegen oder gehörig auf die Nase geboxt wird und Frauen bei Herz-Schmerz-Liebesgeschichten – dies kann mitunter katastrophale Ergebnisse wie Pearl Harbour nach sich ziehen. In Zeiten des Krieges wird dann jedoch gerne mal von der Showbranche der moralische Finger gehoben, nach Sam Mendes Jarhead folgten eine kleine Flut von Irakkriegsdramen, welche sich dieses Jahr mit Brian De Palmas Redacted und Paul Haggis’ In the Valley of Elah fortsetzen, aber auch anderen Krisengebieten wird sich von seitens Edward Zwick in Blood Diamond oder Richard Shepard mit The Hunting Party gewidmet. Shepard, welcher nach einer Zeit in Los Angeles zurück nach New York wanderte um dort Filme seinem Gusto entsprechend zu drehen, konnte vor zwei Jahren mit der Killer-Zote The Matador um Pierce Brosnan und Greg Kinnear begeistern und widmet sich dieses Jahr den Nachwehen des Bosnien-Konfliktes basierend auf einem Artikel von Scott Anderson im Esquire Magazin.

Simon Hunt (Richard Gere) ist Kriegsberichterstatter in Bosnien 1995 und wagt sich mit seinem Kameramann Duck (Terrence Howard) wegen des Nervenkitzels gerne in den Kugelhagel. Als er jedoch zu einem Massaker der Serben in ein muslimisches Dorf fahren muss, wo er seine schwangere Geliebte vergewaltigt und erschossen vorfindet, brennen bei ihm die Sicherungen durch und er poltert vor laufender Kamera los. Natürlich kostet Simon dies seinen Job und er geht in den folgenden fünf Jahren die Karriereleiter des Journalisten ganz nach unten, während es um seinen Kameramann Duck besser bestellt ist. Als dieser mit seinem Chef und dem Praktikanten und zugleich Chef des Vizepräsidenten des Senders, Benjamin (Jesse Eisenberg), fünf Jahre später nach Sarajevo zurückkehrt, trifft er wieder auf Simon. Dieser lockt Duck dazu, ihn auf der Suche nach dem Kriegsverbrecher Nummer 1, nur „Fuchs“ genannt, zu unterstützen. Duck und Benjamin beißen an und bald sehen sich die drei mit indischen Polizisten und paranoiden UN-Beamten konfrontiert, während sich die Schlinge um den Fuchs scheinbar immer enger schnürt.

Wie erwähnt basiert Shepards Film auf dem Artikel von Scott Anderson im Esquire (bei Interesse hier nachlesbar) und kokettiert vor Beginn und am Ende mit Details zur Glaubhaftigkeit des ganzen. Dabei erzählt Andersons Artikel nicht dieselbe, sondern eine ähnliche Geschichte. Fünf Journalisten, aus dem Bosnienkonflikt miteinander bekannt, trafen sich im Jahr 2000 fünf Jahre später in Sarajevo wieder, um der alten Zeiten willen. Drei von ihnen – darunter Anderson – Amerikaner, dazu ein Holländer und eine Belgier. Nach einigen Slibowitz diskutierten die Freunde dann, den als Kriegsverbrecher gesuchten Dr. Radovan Karadzic ausfindig zu machen. Gerüchten zu Folge hielt dieser sich Celibici auf. In zwei Tagen wollten die Journalisten im Rausch das vollbringen, was Amerikaner und zwanzigtausend NATO-Soldaten nicht geschafft hatten. Sie fuhren schließlich nach Celibici und meldeten sich bei der Internationalen Polizei an, welche in der Tat keine Anklagepunkte für die gesuchten Kriegsverbrecher bekommen hatte. Und die Gruppe begegnete auch dem UN-Sicherheitsoffizier Boris, der die fünf in der Tat für ein CIA-Hit-Team hielt, genauso wie sein Kontaktmann Dragan. Die Journalisten spielten mit, sahen sich aber kurz darauf einem echten, unbenannt bleibenden, CIA-Mann gegenüber. Die Tatsache, dass fünf Journalisten innerhalb einer Woche einen Kontaktmann zu Karadzic gefunden hatten und dies den Amerikanern, der UNO und der NATO in fünf Jahren nicht gelungen zu sein scheint, lässt dem Leser das offensichtliche Fazit der Geschichte offen.

Diesen vor Sarkasmus triefenden Artikel, der sehr unterhaltsam und in seiner Botschaft essentiell ist, hat Shepard nunmehr für die Leinwand verarbeitet und sich dabei an Andrew Niccol’s Lord of War orientiert. Eine an sich ernste Geschichte durch gehörig zynische Untertöne zur Satire werden zu lassen. Dumm nur, dass Shepard dabei scheitert, auch wenn seine Geschichte an manche gelungenen Aspekte von Lord of War anzuknüpfen vermag. Woran Shepard scheitert, ist seine Ernsthaftigkeit, denn The Hunting Party ist zu ernst, um Satire zu sein und zu komisch um ein ernsthafter Thriller zu sein. Da eröffnet Shepard mit einer sehr unterhaltsamen Einleitung in der ein kiffender Gere mit Howard durch die Strassen rennt um wenige Minuten später in ernsten Bilden die zerschossenen Balkone und Häuser Sarajevos zu zeigen. Ein lustiger Ausraster von Geres Figur wird mit dem grausamen Bild einer erschossenen Schwangeren verknüpft. Dies hat Lord of War nicht versucht, sondern sich ganz auf den zynischen Charakter seiner Geschichte konzentriert. Shepard will dem humorvollen Aspekt von Andersons Artikel jedoch einen kriegskritischen Unterton verleihen, kommt damit jedoch beim Zuschauer nicht an. Wenn er aus dem Informanten Dragan die sieben Stunden lang vergewaltigte Mirjana macht, verliert er sich in seiner moralischen Botschaft (vor allem da Diane Kruger mit grauenhaftem serbischen Akzent redet).

Hätte man sich auf den Artikel und seinen Inhalt beschränkt, fünf Journalisten, die eigentlich Urlaub am Strand machen wollen, dann aus dem Suff heraus beschließen einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher Europas ausfindig zu machen und dabei als Special Ops Team des CIA verwechselt werden, dann wäre ein großartiger Film dabei herausgekommen. Denn Shepard hat mit The Matador bewiesen, dass er diese Art von Humor umsetzen kann und hätte mit Greg Kinnear auch schon einen der Journalisten perfekt casten können. Die echten Journalisten waren weder zweimal kurz davor umgebracht zu werden, noch haben sie den Kriegsverbrecher gestellt. Elemente wie der Zwerg oder der Killer des Fuchses gehören vielleicht in den Bosnienkrieg, jedoch nicht in die Geschichte von Anderson. Dabei ist es bezeichnend, dass sich Hunt im Film erst gegen den Bosniengenozid stellt, als seine eigene Geliebte umgebracht wird – Musterbeispiel hierfür ist Duck, den dies nicht sonderlich gekümmert hat und auf den ein gut bezahlter Job und eine noch besser aussehende Freundin warten (aus welchem Grund diese eingefügt wurde, ist ebenso wie bei Krugers Figur ein Rätsel). Was bleibt ist ein zum Teil ernster Film über den Bosnienkrieg und seine Nachwirkungen und ein zum Teil lustiger Film über eine abgedrehte Verwechslungsgeschichte. Beides zusammen (und mit diesem Ende!) lässt sich jedoch nicht vereinbaren und so hat Shepard aus einer Geschichte mit höchstem Unterhaltungswert einen Film gemacht, der weder das eine noch das andere darstellt.

5.5/10

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