8. September 2008

The Strangers

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Der Horror lauert überall. Egal ob im Flugzeug, im Zug, auf der Autobahn oder Rastplätzen. Wo kann man noch sicher sein vor den Übergriffen soziopathischer Persönlichkeiten? Die eigenen vier Wände werden immer noch als die sicherste Umgebung für Menschen wahr genommen. Schließlich ist es das Zuhause, man kennt es und erhält dadurch ein Gefühl der Geborgenheit. Dass aber auch das eigene Haus nicht unbedingt Sicherheit verspricht, zeigen Mordfälle wie die der Manson Family unter anderem an Schauspielerin Sharon Tate in der Nacht vom 8. auf den 9. August 1969. Neben diesen Morden waren auch die Keddie Morde in Kabine 28 am 11. April 1981 eine Inspiration für den amerikanischen Überraschungshit The Strangers. Dieser verkauft sich im Trailer und seinem Prolog als scheinbare Reflektion eines authentischen Mordes, der am 11. Februar 2005 an James Hoyt und Kristen McKay verübt worden sein soll. Die Umstände seien bis heute nicht geklärt worden. Damit nimmt Autor und Regisseur Bryan Bertino seinem Film sogleich das Ende vorweg, besteht doch kein Zweifel, dass die beiden Protagonisten eine Überlebenschance haben werden. Das ist natürlich im Horror-Genre nicht unbedingt neu, aber immerhin bleibt es eine von zwei Möglichkeiten, die Bertino dem Publikum beraubt. Somit geht The Strangers jedes Mitfiebern mit seinen Figuren ab, ihr Ende ist vorherbestimmt. Fraglich bleibt wie sie sterben werden, die Umstände sind ja nicht bekannt. Oder waren es, denn Bertino macht sich auf, seinen fiktiven Mordfall nunmehr für die Kinozuschauer aufzurollen und vollends zu klären.

Es ist früh am 11. Februar 2005. Um 4 Uhr kehren James Hoyt (Scott Speedman) und Kristen McKay (Liv Tyler) von einer Hochzeitsfeier in das Sommerhaus der Hoyts zurück. Die Stimmung ist angespannt, das Paar gefrustet. Aus welchen Gründen offenbart sich in Rückblenden. Hoyt hatte die Hochzeit des gemeinsamen Freundes dazu benutzt seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen, welchen diesen jedoch abgelehnt hat. Die Beziehung wurde danach scheinbar aufgebrochen, zumindest ist die Stimmung zwischen beiden unterkühlt und Hoyt ruft einen Freund an, der ihn abholen soll. Unterbrochen wird die Szene von einem Klopfen an der Tür, ein junges Mädchen fragt nach einer gewissen Tamara. Als Hoyt ihr erklärt, dass ein solches Mädchen hier nicht wohnt, verschwindet sie schließlich. Während er noch mal losfährt, um McKay Zigaretten zu kaufen, wird diese erneut mehrfach von jenem Mädchen belästigt. Immer wieder klopft es an die Tür, immer lauter dröhnt das Klopfen. McKay kriegt verständlicherweise Angst, ruft Hoyt an, doch die Telefonleitung wird durchschnitten. Auch ihr Handy verschwindet – jemand ist im Haus. McKay verbarrikadiert sich solange bis Hoyt zu ihr stößt. Doch die Terrorisierung geht weiter und nimmt auch kein Ende, als sich Hoyt mit zwei Pumpguns bewaffnet. Viel mehr noch, jetzt beginnt der wahre Terror erst. Egal was das Pärchen tut, ihre Peiniger sind ihnen immer einen Schritt voraus, während sich langsam aber sich der Anbeginn des nächsten Tages nähert.

Neben den Morden wurde Bertinos Film noch von einem eigenen Erlebnis inspiriert. Als der Regisseur jung war klopfte es abends an die Tür und jemand fragte nach einer Person, die nicht da war. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass in leere Häuser der Nachbarschaft eingebrochen wurde. Doch in The Strangers geht Bertino noch einen Schritt weiter. Seine Fremden bestehen aus drei Personen, drei Jugendlichen mit Masken, zwei von ihnen Mädchen, einer ein Junge. Hoyt und McKay werden sie wiederholt fragen, was sie von ihnen wollen und wieso sie ihnen das antun. Schließlich werden sie eine Antwort erhalten: weil sie zu Hause waren. Eine eiskalte Lüge, impliziert diese Antwort doch, dass es sich um ein willkürliches Verbrechen handelt. Kann es jedoch gar nicht sein, viel zu strukturiert ist das ganze Verbrechen, nahezu perfekt organisiert. Das Spiel von Licht und Schatten hier der Inszenierung Bertinos zuzuschreiben wäre verfehlt. Die Täter stehen immer exakt richtig, sei es im Hausflur, in der Einfahrt oder im Wald. Sie stehen jedes Mal dann im Licht, wenn sie die anderen Filmfiguren nicht sehen können, lediglich der Zuschauer. Damit er weiß, dass sie da sind. Damit er ahnen kann, dass es gleich zur Sache geht. Doch willkürlich kann hier nichts sein, es ist ein gezielter Mord. Die Telefonleitung, der Zugang zum Haus, das Wissen, wann überhaupt jemand anwesend sein wird. Ein perfekt geplantes Verbrechen.

Gerade hier begeht der Film seinen größten Fehler. Denn das Motiv der Fremden soll gerade ihre Willkürlichkeit sein, hier findet sich das Statement des Filmes. Schaut her, nicht einmal Daheim seid ihr sicher, dass kann ich allen passieren. Doch das Verbrechen, so wie es Bertino in The Strangers skizziert, hat ein Motiv. Die Fremden haben nicht einfach irgendjemand getötet, sondern Hoyt und McKay. Ausgerechnet sie. Ausgerechnet an diesem Tag. Die Unglaubwürdigkeit der ganzen Szenerie zerstört die Atmosphäre des Filmes. Was in Michael Hanekes Funny Games funktioniert gelingt nur dann, wenn man sich derselben Prämisse hingibt, wie es Haneke tut. Drei Teenager, die noch nie zuvor ein Verbrechen begangen haben, hier einen brillant durchstrukturierten Mord ausüben zu lassen, kann nur scheitern. Da hilft es auch nichts, dass man sich den Konventionen des Genres hingibt, die vorsehen, dass die Opfer meist durch unfassbare Idiotie auftrumpfen. Schon ganz schön peinlich, wenn Liv Tyler außerhalb des Hauses keine fünf Meter weit rennen kann, ohne sich den Fuß zu verstauchen, während die Täter mit Masken (!) auf dem Kopf keinerlei Orientierungsprobleme haben. Nicht weniger peinlich die Tatsache, dass Hoyt im Besitz zweier geladener Pumpguns ist, und letztlich gegen drei Teenager verliert die keine Schusswaffen bei sich tragen. Die Dummheit der Protagonisten ist dabei weit weniger schlimm für den Film selbst, wie es einfach nur eintönig ist, wenn man sie zum Film per se noch dazu zählen möchte.

Immerhin bietet The Strangers einen Scott Speedman in Höchstform, der lediglich in Dark Blue ähnlich stark aufgespielt hat (was bei Filmen wie Underworld jedoch nicht sonderlich schwer ist). Viel gelobt wurde Liv Tyler, die weit mehr sei, als eine bloße Scream Queen. Im Großen und Ganzen ist sie das aber, eine Scream Queen, wie in ihren übrigen Filmen mal wieder frei von Talent. Vielleicht liegt es aber auch nur an der Tatsache, dass man weiß, dass beide Figuren sterben werden, wenn man sich ihnen gegenüber jeglicher Sympathie verschließt. Oder es ist die meist langweilige Inszenierung des Regisseurs, dessen Schockmomente sich auf plötzliches ins Bild Huschen der maskierten Fremden beschränkt. Die ganze Entwicklung von Bertinos Film ist leidlich unterhaltsam, eher anstrengend. Dann hätte er doch mehr von jenen Fremden zeigen sollen, wie die Tyler in einem Interview erklärte, dass dies vorgesehen gewesen sei. Aber das möchte man sich wohl aufheben für die Fortsetzung, denn die Macher erhoffen sich eine neue Horror-Reihe ähnlich wie bei Saw. Scheinbar ist ihnen entgangen, dass jeder Saw-Film kontinuierlich an Qualität einbüßt, sodass sich eine Nachahmung hier nicht unbedingt empfehlen lässt. Aber wo der Rubel rollt, da rollt er und bei einem Budget von neun Millionen Dollar gelang es dem Film das Sechsfache seiner Kosten einzuspielen. Somit muss man dann wohl noch einen zweiten Teil über sich ergehen lassen, in dem wieder jemand zu Hause nicht sicher sein wird. Eventuell kann Bertino diesen Film ja auch Sicht der Fremden erzählen lassen, dann wird wenigstens Klarheit über die Willkürlichkeit ihres Verbrechens geschafft.

3.5/10 - erschienen bei Wicked-Vision

1 Kommentar:

  1. haha Liv "mir ist die Dummheit ins Gesicht geschrieben" Tyler wieder mal in ihrem Element: untalentiert rumstehen.
    Sogar Pferdegebiss Roberts hat einen halbwegs guten Film aufzuweisen, aber bei der Tyler hab ich keine Hoffnung mehr

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