10. Februar 2008

Charlie Wilson’s War

The Congressman has never been to rehab. They don’t serve whisky at rehab.

Las Vegas, die Stadt der Sünder, voller Betrüger, Geld und Prostituierten. Meist kulminiert alles am selben Ort, so zum Beispiel in einem Whirpool eines Apartments. Dort sitzen nicht nur zwei Stripperinnen, findet sich Alkohol und Kokain, sondern auch der texanische Abgeordnete Charlie Wilson (Tom Hanks). Doch er ist nicht ganz bei der Sache, denn im Fernsehen wird gerade ein Beitrag über die von den Russen unterdrückten Afghanen gezeigt. Wilson lässt sich vom Fernsehmoderator dazu überzeugen, den Etat für verdeckte geheime Subventionen von fünf auf zehn Millionen Dollar zu erhöhen. Doch damit tut er niemand einen Gefallen, im Gegenteil. Seine Gelegenheitsgeliebte und die sechsreichste Frau Texas, Joanne Herring (Julia Roberts), nötigt Wilson nun dazu sich aktiv für die Bekämpfung der Sowjets einzusetzen und eine Konsultation mit dem CIA führt ihn schließlich zu dem egozentrischen Agenten Gust Avrakotos (Philip Seymour Hoffman), der gemeinsam mit drei anderen versucht den Kalten Krieg zu amerikanischen Gunsten zu beenden.

Die unglaublichsten Geschichten sind aus Erfahrung immer diejenigen, die sich tatsächlich ereignet haben. So auch die Geschichte vom Krieg des Charlie Wilson gegen die sowjetischen Besatzer in Afghanistan Ende der Achtziger. Wilson war das, was man ohne Umschweife als Schürzenjäger und Trinker bezeichnen könnte und das wäre wohl noch euphemistisch ausgedrückt. Der echte Charlie Wilson meinte nach der Premiere von Charlie Wilson’s War lediglich, dass die Macher gnädig mit ihm gewesen sein und mit ebenjenen Machern meinte er Produzent und Hauptdarsteller Tom Hanks sowie Regisseur Mike Nichols. Über Wilsons Aktivitäten schrieb Ende der Neunziger der 60 Minutes-Journalist George Crile, der das Thema schließlich 2003 zu dem Roman Charlie Wilson’s War ausarbeitet, was wiederum Tom Hanks auf den Plan rief sich die Filmrechte zu sichern. Für das Drehbuch engagierte er den Schöpfer der politischen Dramaserie The West Wing, Aaron Sorkin, und holte als Regisseur Mike Nichols an Bord, der bereits mit Primary Colors und Catch 22 Erfahrungen im politisch-zynischen Bereich gesammelt hatte.

Eine nette Anekdote rund um die Entstehung des Filmes ist ein Treffen zwischen Nichols und George Clooney, der an der Rolle von Wilson interessiert war, als er jedoch erfuhr, dass sich Hanks bereits die Rechte gesichert habe mit den Worten ausbrach „Ich hoffe er stirbt!“. Wer würde nicht gerne einen versoffenen Weiberhelden spielen, der im Alleingang den Kalten Krieg beendete? Hanks spielte die Hauptrolle kurzerhand selbst, erntete dafür auch vor wenigen Wochen eine Golden Globe Nominierung, ebenso wie sein Nebendarsteller Philip Seymour Hoffman, der sich auch Hoffnungen auf einen Oscar machen darf. Namhaft besetzt ist er, Charlie Wilson’s War, mit drei Oscarpreisträgern in den Hauptrollen und einer für den Oscar nominierten Dame in einer Nebenrolle. Kein Wunder also, dass der Film bei den Globes noch so zahlreich vertreten war. Dabei hat Hanks sicherlich schon besser gespielt, als es hier der Fall ist, aber das komödiantische Fach liegt im dennoch fraglos. Er ist sich nicht einmal zu schade dem Publikum zum ersten Mal seinen blanken Hintern zu zeigen.

Aber das Fazit bleibt, wirklich aufgehen tut er in seiner Rolle nicht, zu unbegeistert wirkt die Begeisterung, zu friedlich seine Aufreger. Damit ist er jedoch sehr viel besser bedient als die Roberts, die abgesehen von ihrer Nuttenhaften Schminke total blass bleibt. Auch wenn dahingestellt ist, ob sie überhaupt schauspielerisches Talent besitzt, lässt es sich zumindest in Nichols Film nicht finden. Man muss ihr zu Gute halten, dass ihre Rolle auch nicht sonderlich viel hergibt, lediglich hier und da kurz auftritt, nur um etwas mit den Augen zu klimpern und Hanks ins Gewissen zu reden. Besser spielen tut da schon Amy Adams als Wilsons persönliche Assistentin Bonnie Bach, doch auch diese Figur wird nicht sonderlich ausgeleuchtet, erscheint stets als ungeschilderter Schatten von Hanks Charakter. Ähnlich verhält es sich auch mit Philip Seymour Hoffman, über dessen Rolle man zu Beginn erfährt, dass sie nicht befördert wird, womit sich das Private auch in Grenzen hält.

Höhepunkt des Filmes ist allerdings eben Hoffmans Figur, der provokativ-ehrliche Gust Avrakotos, der durch seine Bemerkungen und Äußerungen für die Lacher im Film sorgt. Hoffman spielt den Amerikaner griechischer Herkunft köstlich und absolut authentisch, ist zugleich Glanz und Gloria von Nichols Film, der außer den Szenen zwischen Avrakotos und Wilson selten wirklichen Humor zelebrieren kann. Wie bereits The Hunting Party möchte Charlie Wilson’s War gerne ein neuer Lord of War sein, ohne dies auch nur ansatzweise zu schaffen. Wenn Afghanen vom sowjetischen Helikopterfeuer dahingemäht werden, kann man solche Szenen nicht in eine Komödie einbauen, auch nicht in die von Nichols gedachte Satire. Sein Film ist über die gesamte Zeit zu unernst, um tatsächlich ernst zu sein und er ist zugleich zu unlustig, um eine wirkliche Komödie zu sein. Problematisch könnte auch sein, dass man die besten lustigen Momente des Filmes bereits monatelang in die Trailer platziert, sodass man im Kino selbst lediglich ein müdes inneres Lächeln bewerkstelligen will.

Wenn Wilson in seinem dunklen Zimmer sitzt, mit verheulten Augen, da ihm die zerfetzten afghanischen Kinder so nahe gehen, ist dies völlig aus dem Zusammenhang gerissen, da dem Publikum zuvor kein innerer Kampf dargestellt wurde, keine Nuancen, wieso Wilson sich das so sehr zu Herzen nimmt. Viel, was man hätte erzählen müssen, um die Geschichte den Zuschauern nahe zu bringen, versäumt man: Wilson bleibt ebenso im Dunkeln wie all die anderen Figuren, ihre Motivation wird vorausgesetzt. In der Tat scheint der Trailer dem Film das Genick gebrochen zu haben, den nicht nur die lustigsten Szenen werden vorweg genommen, sondern auch alle Szenen mit Shiri Appleby hineingepackt. Dieser Superlativ zu sexy taucht nicht so häufig im Film auf, wie man sich das aus dem Trailer vielleicht herzuleiten vermag, was einen dann am Ende doch etwas enttäuscht. So bleibt von Charlie Wilson’s War neben dem tollen Schauspiel von Hoffman nur noch die heiße Appleby. Der Rest ist relativ ermüdend und zu gezwungen komisch.

Was fehlt ist neben der Liebe der Macher zu ihrem Produkt vor allem die fehlende Tiefe der Figuren. Wieso genau will Ms. Herring ihre Ziele verfolgen? Was exakt motiviert Wilson? Wie sieht das Innenleben der Charaktere aus? Inwiefern ließ sich das umsetzen, was Wilson schließlich umgesetzt hat? Auch die Tatsache, dass die USA durch ihre Unterstützung der Mudschaheddin praktisch den späteren islamischen Fundamentalismus direkt finanziert, bzw. durch die Unterlassung weiterer Fördermittel diesen genährt haben, ist ein zu großes Thema, um es in einer einzigen fünfminütigen Szene abzuhandeln. Auch hier sieht man wieder, dass er Film zu ernst sein will, um Komödie zu sein, und zu lustig ist, um als Drama durchzugehen. Die Darsteller, besonders natürlich Julia Roberts, wirken dabei verschenkt, bloße Staffage in einer leblosen Handlung, die wie ein Ballon aufgeblasenes Konstrukt umherfliegt und bei einer ernsthaften Festigkeitsprüfung schließlich explodiert. Charlie Wilson’s War möchte vieles sein und schafft es am Ende schließlich wenig davon tatsächlich auszufüllen.

6.5/10

1 Kommentar:

  1. Meine Sichtung des Films ist ja nun schon einen Monat her, ich hatte mich riesig drauf gefreut und bin zumindest von Tom Hanks und Hoffman auch nicht enttäuscht worden; ersterem habe ich seit einer gefühlten Ewigkeit das erste Mal wieder richtig gerne zugesehen. Aber Julia Roberts ist überflüssig und insgesamt gebe ich dir schon Recht; der Film findet seinen Weg nicht, ist über lange Zeit hinweg leider einfach zu belanglos und kann sich nicht entscheiden, was er will. Die letzten 15 Minuten aber fand ich dann tatsächlich ganz stark, hatte das Gefühl dass der Regisseur da endlich bei dem angekommen ist was er sich für den gesamten Film gewünscht hätte.

    Mir kommt da der Vergleich mit "Fun with Dick and Jane" in den Sinn. Der wusste ja vor zwei Jahren auch nicht so genau, was er eigentlich will: Komödie oder Satire? Und ging dadurch völlig unter in einem wirren Haufen von verschenkten Chancen. "Charlie Wilsons War" umschifft dieses Problem zumindest etwas eleganter.

    Aber der letzte Schliff fehlt.

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