22. Januar 2008

El orfanato

Tonight's my turn.

Zutaten für einen vermarktbaren Horrorfilm: 1. Man nehme entweder ein Remake (Vorlage erster Wahl wäre japanisch) oder organisiere sich einen bekannten Genreregisseur als Produzenten 2. die Hauptrolle ist mit einer Frau, wenn möglich attraktiv zu besetzen 3. sehr gut eignen sich verstörte Geisterkinder oder solche mit einem Makel, bzw. Merkmal 4. diese Kinder sollten vor mehreren Jahrzehnten von ihren Eltern oder einer anderen, nahe stehenden Person umgebracht worden sein 5. Diese Kinder sind nicht böse, sondern werden lediglich falsch verstanden, die Auflösung des Filmes kommt durch eine Annäherung zwischen Protagonistin und Geisterkind zu Stande. Fertig ist das Horror-Film Rezept, offen auf dem Markt zugänglich und inzwischen weithin verbreitet. Missverstandene, weil umgebrachte, Geisterkinder sind en vogue. Wer kann sich auch schon gegen diese kleinen, bleichgesichtigen Racker verwehren, besonders wenn sie verdrehte Gliedmaße haben. Seien es Ju-on bzw. The Grudge oder Ringu bzw. The Ring, Kinder und Horror funktionieren bestens. An American Haunting gab es letztes Jahr, in der Sneak lief in selbigem auch der Indie-Horror The Sick House (der im übrigen immer noch keinen richtigen Starttermin hat). Gut vermarkten lassen sich solche Horrorfilme auch immer dann, wenn jemand aus Hollywood seinen Namen sprichwörtlich plakativ hergibt. Quentin Tarantino präsentiert Hostel oder Michael Bay präsentiert jedes andere Horrorremake – da lässt man es sich im spanischsprachigen Kino natürlich nicht nehmen, das neue Wunderkind Guillermo del Toro nach seinem Welterfolg mit El laberinto del fauno als Paten zu gewinnen. Del Toro, der selbst einst mit El espinazo del diablo einen Geisterkind-Horror ablieferte, gibt nunmehr seinen Namen für den spanischen – richtig! - Geisterkind-Horrorfilm El orfanato her.

Einst war Laura (Belén Rueda) ein Waisenkind, welches mit fünf anderen Kindern in einem Waisenhaus lebte. Bis Laura adoptiert wurde. Jetzt ist Laura nicht nur erwachsen, sondern auch verheiratet mit dem Arzt Carlos (Fernando Cayo) und beide haben den HIV-infizierten Simón (Roger Princep) adoptiert. Und weil Laura so ein gutes Herz hat, ist sie mit ihrer Familie zurück in das leerstehende alte Waisenhaus gezogen, weil sie daraus ein Heim für behinderte Kinder machen will. Eine enge Beziehung hat sie zu ihrem Sohn Simón, der nicht viele Freunde hat, bzw. nur zwei, und die sind auch lediglich erfunden. Bei einem Ausflug zum Strand lernt Simón dann einen neuen, unsichtbaren Freund, Tomas, kennen. Mit diesem und fünf anderen unsichtbaren Kindern spielt Simón fortan lustige Schnitzeljagdspiele, zieht sich dabei jedoch allmählich den Ärger seiner Mutter auf sich. Der Disput der beiden eskaliert, als Simón seiner Mutter am Tag der Heimeröffnung das kleine Haus von Tomas zeigen will, diese jedoch keine Zeit hat. Nach einem scheinbaren Angriff von Tomas auf Laura, ist Simón unauffindbar. Laura selbst verdächtigt eine alte Sozialarbeitern, die damals kurz nach dem Einzug auf dem Grundstück auftauchte. Trotz eindringlicher Suche der Polizei lässt sich Simón nicht auffinden, nach neun Monaten schaltet Laura daher einen Fachmann für das Paranormale und ein Medium (Geraldine Chaplin) ein – welche ihr schließlich offenbart, dass sie sich auf das Spiel der Kinder einlassen soll. Gegen den Unmut von Carlos verbarrikadiert sich Laura allein im Waisenhaus und trifft ihre Vorbereitungen für das Spiel mit den Kinder um Simón. Man stelle sich vor, jemand backt einen Apfelkuchen nach einem vorgegebenen Rezept und dann backt jemand anderes einen Apfelkuchen, aber nach demselben Rezept und so weiter und so fort. Das Rezept des Apfelkuchens bleibt immer dasselbe, daher werden alle Apfelkuchen im Prinzip auch jedes Mal gleich schmecken. Natürlich schmeckt der eine etwas besser und der andere war vielleicht zu lang oder zu kurz im Ofen, aber eigentlich unterscheiden sich die Kuchen lediglich im Detail, im Geschmack.

Man stelle sich vor, man hat so einen Apfelkuchen bereits gut ein halbes Dutzend Mal gegessen, und bekommt nun erneut einen solchen Apfelkuchen vorgesetzt. Ganz genau, man weiß bereits wie er schmeckt und im Grunde hat man überhaupt keine Lust ihn überhaupt zu probieren. Dieser Apfelkuchen ist El orfanato. Dabei ist der Film so spannend, wie es The Others nach The Sixth Sense gewesen ist. J.A. Bayona präsentiert einen total vorhersehbaren Film, der nur von seinen musikalischen Schockelementen lebt. Spult man bei diesen die Lautstärke um fünfzig Prozent herunter, hat man gute Chancen bereits nach den ersten 20 Minuten eingeschlafen zu sein, denn Spannung erzeugt der Film bedauerlicherweise nicht. Wieso del Toro für so etwas seinen Namen hergibt, ist nicht ersichtlich, einzige Möglichkeit findet sich wohl in seinem Patriotismus, nach dem Motto „Latinos müssen zusammenhalten“. Dabei spielen die Darsteller, was man ihnen lassen muss, ihre Rollen durchaus gut und glaubhaft, lediglich die Musik, und das vorhersehbare Drehbuch sind ein Dorn im Auge, enttäuschend wie Regisseur J.A. Bayona den Film nach Schema F herunterspielt und sich derselben Methoden bedient wie allgemein im Genre üblich. Es wäre gelogen, wenn man behauptet, dass aus der Handlung mehr herauszuholen gewesen wäre, denn das stimmt nicht. Die Handlung ist einfach so ausgelutscht wie ein Schweizer Hustenbonbon und hat ihre Innovativität bereits nach Ringu verloren gehabt.

2/10

3 Kommentare:

  1. Oha, dachte nicht, dass der so schlecht (bei Dir) wegkommmt! Der Trailer sieht m.M. recht gut aus, auch wenn Du natürlich Recht hast, das fast jeder heutige Horrorfilm nur noch mit Ton überraschen/schocken kann.

    Hmm, mal schauen, ob ich ihm regulär im Kino eine Chance geben werde... (wenn Axi dabei is' ;-))

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  2. Kinder? Geister? Hilfe! Ist doch alles Frauenkram;-)

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