30. Juli 2007

The Sopranos - Season Two

There's an old Italian saying: you fuck up once, you lose two teeth.

Bei der ersten Staffel hatte ich ja moniert, dass bis zu den letzten vier Folgen hin keine rechte Spannung aufkam, das Staffelfinale das jedoch wieder etwas wett zu machen wusste. Bei der zweiten Staffel kann ich das leider nicht mehr behaupten. Die Handlung der Serie ist weit entfernt davon stringent zu sein, teilweise trifft das auch auf einzelne Folgen zu und es passiert im eigentlichen Sinne nichts. Soprano (James Gandolfini) ist inzwischen der Capo, aber trotz allem nicht unumstritten, liegen seine engsten Feinde immer noch in seiner Familie rund um seinen Onkel Junior und seiner Schwester Janice und ihren Freund Richie.

Mein Problem mit den Sopranos ist, dass sich weder die Serie noch die Figuren weiterentwickeln. Soprano besucht nach kurzer Pause wieder Dr. Melfi (Lorraine Bracco), scheint aber durch die Therapie keine Veränderung durchgemacht zu haben. Jede Sitzung resultiert in Beschimpfungen und Bedrohungen seiner Therapeutin, oft geht er auch vorzeitig, sitzt wenige Tage dann aber wieder in dem Sessel ihr gegenüber. Hinzu kommen noch die heuchlerischen Figuren rund um Soprano's Frau Carmella (Edie Falco) und seiner Tochter. Viele andere Figuren gehen mit ihrer Pseudomoral und Überheblichkeit ebenfalls ziemlich auf die Nerven. Die einzige symphatische Figur für mich war Pussy, der von seinen besten Freunden im Staffelfinale erschossen wird.

Das Staffelfinale war auch die Folge, welche von allen 26 bisher die schwächste gewesen ist, mit lahmen Fantasiesequenzen gefüllt. Dass sich Menschen meistens nicht verändern und weiterentwickeln mag wohl auf das echte Leben zutreffen, in meinen Augen schauen Menschen jedoch Filme, bzw. stürzen sich allgemein in Fiktion, weil sie eben jenem "echten" Leben entfliehen wollen, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Will ich eine abgefuckte Familie ohne jegliche Entwicklung sehen, beobachte ich meine Nachbarn oder wenn ich es noch einfacher haben will meine eigene Familie.

The Sopranos entwickelt jedoch eine solche spannungsarmut, dass man problemlos eine Folge der fünften Staffel und danach eine der dritten Staffel sehen könnte und hätte dennoch keinerlei Probleme der Handlung auf dem Bildschirm zu folgen. Diese Linie von David Chase ist sehr bedauernswert und abgesehen von hervorragenden schauspielerischen Leistungen (allen voran natürlich Gandolfini) hatte die zweite Staffel nicht viel zu bieten. Möge die dritte Staffel besser sein.

6.5/10

12 Kommentare:

  1. Das mit den Fischen fand ich auch nicht sonderlich prickelnd, da geb ich dir Recht. Aber insgesamt halte ich die Serie für einzigartig in ihrer Gnadenlosigkeit. Es stimmt: Man hasst einzelne Charaktere - aber ist das nicht ein Zeichen dafür, dass die Schauspieler gute Arbeit leisten? Und sag bloß, deine Nachbarfamilie ist 'connected' ;-)

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  2. Die Schauspieler leisten ja auch alle exzellente Arbeit, ich "hasse" ja auch die Charaktere und nicht die Darsteller. Und weder sind meine Nachbarn noch meine Familie "connected" ;) - im Vordergrund stehen ja eher die Probleme auf menschlicher Ebene in der Serie. Und um Pussy tat es mir wirklich leid, der arme Kerl...

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  3. Was für eine dämliche Kritik. Du schaffst es in der Tat sämtliche Errungenschaften der Serie, die ihre Einzigartigkeit letztlich ausmachen, in eine negative Argumentation umzuwerten. Dadurch, dass du parallel eine gefällige (und ja, auch oft sehr gute) Serie wie "Heroes" als Stein der Weisen proklamierst macht deine völlige Fehleinschätzung der Sopranos umso tragischer. Dass dir Figuren auf die Nerven gehen, weil sie moralische Heuchler sind, ist bei einer Serie, die sich gerade um das Faszinosum einer Schattengesellschaft mit eigenen Regeln und Moralvorstellungen dreht leider völlig unangebracht. Das Staffelfinale gilt als Klassiker der jüngeren Fernsehgeschichte und die von dir bemängelte Unterwanderung klassischer Narration zur Originalität des Konzepts. Und jetzt komm mir bitte nicht mit Phrasen über die Subjektivität von Kunstrezeption und individuellem Geschmack. Kritik sollte schließlich in erster Linie eine objektive Perspektive auf ein artifizielles Produkt beinhalten. Und die lässt du in diesem Beitrag schmerzlich vermissen.

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  4. @Ralph: Wenn du diesen Blog genauer verfolgst, merkst du, dass ich hier alles subjektiv bewerte. Objektivität gibt es in meinen Augen so gut wie gar nicht, du selbst rezipierst diese Serie, ähnlich wie Firefly doch auch subjektiv. Was du gut findest, müssen andere nicht auch gut finden. Mir selbst sagen die Sopranos nicht sonderlich zu, da ist es mir relativ egal, ob die Charaktere authentischer wie in einer Serie a la Heroes sind, letztere ist im weitesten Sinne ja eine Comic-Adaption, bzw. im Comic-Stil gehalten.

    Ich freue mich ja, dass diese Serie bei so vielen Leuten hervorragend ankommt und wenn du meine Kritik als "dämmlich" empfindest, dann ist dies wohl so, ich erhebe auch nirgends den Anspruch "brillant" zu sein, sondern spiegele nur meinen Eindruck der 2. Staffel respektive ganzen (bisherigen) Serie wieder. Dafür gefallen dir vielleicht Serien nicht, die ich toll finde, c'est la vie ;)

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  5. Das mit dem "dämlich" war natürlich übertrieben und sollte auf keinen Fall auf den gesamen Blog bezogen werden. Ich habe vorher nur andere Kritiken von dir gelesen, die ich weitaus nachvollziehbarer fand. Zum Beispiel eben die Firefly-Kritik in der du ja genau einräumst, weshalb sie bei dir nur zehn Punkte erhält. Das hab ich bei den Sopranos vermisst. Klar, ist so ein Blog immer auch subjektiv, aber da ich es prinzipiell ja super finde, dass du überhaupt Serien präsentierst die sich in Deutschland keine Sau anschaut und sich sicherlich aufgrund des mangelnden Interesses daran doch einige Menschen auf diese Seie verirren, sollten die Errungenschaften einer Serie wie den Sopranos schon auch etwas objektiver besprochen werden. Ansonsten, wie gesagt, werde ich deinen Blog gerne weiterverfolgen. Beste Grüße

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  6. Freue mich ja auch über deine Resonanz, so ist das nun auch nicht ;)

    Bei Firefly gab es natürlich geniale Momente, die ich sehr geliebt habe, aber eben auch einige schwache. Das mag sicher auch daran liegen, dass ich Serenity damals zuerst gesehen habe und diesen (s. Kritik) auch für phantastisch halte, praktisch alles gelungene der Serie komprimiert in einen Film. Die Erwartungen an die Serie waren somit wahrscheinlich zu hoch und die Ruhe-Phasen - die für Serien normal sind - wurden dann von mir schlechter wahrgenommen, als sie tatsächlich sind.

    Bei den Sopranos ist es so, dass es sich hier um eine Serie handelt, die hervorragend gemacht ist. Das Casting, das ganze Drumherum. Nur fesselt mich die Serie nicht, ich schaue lieber zig andere Serien, als mich durch die 3. Staffel zu arbeiten, bei der ich gerade an Folge 6 stecken geblieben bin. Hinsichtlich der Sopranos habe ich - wenn mich meine Erinnerung nicht trügt - bei der 1. Staffel etwas genauer geschrieben, was mich am Konzept "störte".

    Dennoch erfreulich, dass du meinen Blog liest und dir auch die Mühe machst, dich mit mir darüber auseinander zu setzen :)

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  7. LOL, gerade mal durchgelesen, was ich damals eigentlich geschrieben habe - ich denke man merkt der "Kritik", die wie du richtigerweise erkanntest, ihren Namen nicht wirklich verdient, deutlich an, dass ich enttäuscht war von der Serie, insbesondere dem Finale. Auch mit Tonys Besuchen bei Dr. Melfi hatte ich gerade in der 2. Staffel meine Probleme, da ich nicht verstehen konnte, wieso man jede Woche zu einer Therapeutin geht, nur um sie zu beschimpfen. Aber in der 3. Staffel bessert sich Tony ja ;) - Gebe aber zu, die "Kritik" hätte man besser ausführen können *g*

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  8. Schade, dass du auch in der dritten Sopranos-Staffel steckengeblieben bist, weil besser wird es, wie ich finde, nach Ende der dritten Staffel nicht mehr. Trotzdem empfehle ich dir zumindest diese Staffel noch zu Ende anzuschauen.
    Anderes Thema: Wie ich in meinem kurzen Kommentar zu "Firefly" ja schon bemerkt habe, halte ich nach wie vor (und ja trotz Sopranos, Six Feet Under und den anderen, zu Recht hoch gelobten HBO Serien) Joss Whedon für den besten Showrunner überhaupt. Schon mal an eine Buffy-Retrospektive gedacht? Ich gehe mal davon aus, dass du Buffy verfolgt hast, sonst hättest du sicher nicht die feine Dialogarbeit von Joss Whedon aufgeführt, oder? Für mich immer noch die beste aller Serien, ohne die Vieles im Seriengenre heute wahrscheinlich gar nicht möglich wäre.

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  9. Da muss ich dich enttäuschen, war nie ein Buffy-Schauer, was an meiner Abneigung zu Sarah Michelle Gellar liegt. Whedons Dialogstäre bezog sich allein auf Firefly, habe da ja auch einen der Dialoge als Beispiel angeführt. Spreche Whedon ja auch sein Talent nicht ab, erwähnte ja, dass der Film vorab die Erwartungen in die Höhe trieb.

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  10. Dann überwinde deine Abneigung gegen Sarah Michelle Gellar und probiers mal aus. Ich versichere dir, dass du es nicht bereuen wirst.

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  11. Ooh, was ist denn hier abgegangen? Da hat sich Ralph aber mal zurecht Luft gemacht ;-) Ich versteh dich auch nicht Rudi: Du guckst so viele dümmliche "Frauenserien" und bewertest die (was viel schlimmer ist!) auch noch furchtbar hoch. Aber so ein Meisterwerk, dessen Verdienst es ist, die narrative Form der Serienlandschaft komplett umgekrempelt zu haben, über das ziehst du her...*kopschüttel*

    Wo bleibt denn nun endlich eine Besprechung der Staffeln 3-6? - ich hab gerade so eine masochistische Phase ;-)

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  12. Was ihr Chauvis immer alle gegen "Frauen-Serien" habt, unglaublich. Ich hab doch in den Comments eingestanden, dass die Serie ganz groß gemacht ist. Nur ist für mich selbst das Thema nach Scorseses Filmen extrem ausgelutscht und die einzelnen Folgen anzusehen ist weniger Spaß wie vielmehr ne Überwindung. Daher dümpelt die 3. Staffel (die mich auch nicht umgehauen hat) seit Monaten vor sich her. Ich weiß dieses Meisterwerk an Serie halt einfach nicht zu schätzen, Punkt. ;)

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