30. Juli 2016

Saga – Volume Six

Hold on, Accountin’ never works late.

Die Ruhe vor dem Sturm ist ein Ausspruch, den ich schon in den vorherigen Ausgaben von Saga habe fallen lassen. Aber wenn man etwas im Leben lernt, dann, dass auf den Wetterdienst kein Verlass ist. Auch in Volume Six warten Brian K. Vaughan und Fiona Staples mit keinen umstürzlerischen Ereignissen auf. Im Gegenteil, endet der sechste Band sogar derart, als würde ein erster, größerer Arc damit sein Ende finden. Das Tempo zum Auftakt der Comic-Serie vermag auch Volume 6 nicht zu erreichen, ganz ohne Ereignisse kommt er deswegen natürlich dennoch nicht aus. Insofern setzt der Band das fort, was zuletzt in Volume 4 und Volume 5 angestoßen wurde – selbst wenn er in gewisser Weise fast schon ein Epilog dazu ist.

Schließlich fand die Dengo-Storyline, welche die beiden Vorgänger bestimmte, zum Abschluss von Volume 5 mit der Wiedervereinigung von Prince Robot IV und seinem Sohn ein Ende. Der Zeitsprung, mit dem Vaughan jenen Band abschloss, setzt er dieses Mal fort. Die Zeit als Baby hat Hazel nun schon lange hinter sich gelassen und lebt mit ihrer Großmutter Klara sowie Last Revolution-Überbleibsel Lexis in einer Haftanstalt auf Landfall. Dort hat sie es besonders ihrer Lehrerin Noreen angetan, während Klara und Lexis versuchen, ihren Mithäftlingen D. Oswald Heists subversive Bibliographie näher zu bringen. Etwas, von dem die Transgender-Insassin Mr./Ms. Petriochor (Orange Is the New Black lässt grüßen) wenig hält.

Der Zeitsprung hilft, um Hazel als eigenständige Figur einzuführen. “Nothing makes a kid grow up faster than wartime”, meint sie zwar noch zu Beginn. Hat aber selbst von diesem Kriegszustand nichts wirklich erlebt. Ohnehin ist der Krieg zwischen Landfall und Wreath längst in den Hintergrund gerückt, insofern der Konflikt tatsächlich noch irgendwo fortbesteht. Wenn Hazel dann später hinsichtlich des Zwistes der Kulturen sinniert, dieser existiere “not because we’re so different from each other… it’s because we’re all so goddamn alike”, mag das grundsätzlich zwar stimmen, existiert in Saga aber aktuell dennoch nur als tradiertes Element. Das Comic hinterfragt inzwischen nicht mehr viel, sondern sucht einen Abschluss für den ersten Akt.

Wieso es da ausgerechnet Hazel ihrer Lehrerin Noreen angetan hat, bleibt da offen. Als sich das Kind der Erzieherin offenbart (“We’re not children. We’re eggs. But sooner or later, those eggs begin to crack”), will die es jedenfalls unterstützen. Womöglich auch, weil Hazel durchaus das Potential hätte, als Mischling den Konflikt der Parteien zu beerdigen. Hier wird wiederholt das Element der Hoffnung und der Gefahr zugleich repräsentiert. Hazel verkörpert ebenso beides wie Heists Werke. Zugleich ist die Überbrückung der Animositäten schon auf ihrem Weg, wie die Wiedervereinigung und Zusammenarbeit von Alana, Marko und Robot IV zeigt. Drei unterschiedliche Rassen, die inzwischen nahezu freundschaftliche Bande miteinander pflegen.

Alana und Marko, am Ende von Volume 5 wiedervereint, verbrachten die letzten Jahre damit, den Aufenthaltsort von Hazel herauszufinden. “In some ways, my parents were never closer than in the years after mom lost me but reconnected with dad”, sagt Hazel. Wie so oft sollen ihre Worte eine Zeitspanne überbrücken und mit Bedeutung füllen, ohne dass wir als Leser diese in den Panels erleben. Ein Einbruch zu Beginn muss Indiz genug sein, die vermeintliche Nähe zwischen den Figuren existiert jedoch nur in den Worten ihrer Tochter. Und die ist selbst seit Jahren von ihren Eltern getrennt. So verkommt die Marko-Alana-Storyline primär zur humorvollen Reunion mit Robot IV sowie Ghüs, ohne dass der Schmerz der Kinds-Trennung hervortritt.

Das diesmal vorherrschende Beziehungsthema (Hazel/Noreen/Petrichor, Alana/Marko) wird ausgeweitet auf das homosexuelle Reporter-Duo Upsher und Doff, die in Volume 6 in die Handlung zurückkehren. Mit dem Ableben von The Brand plant Upsher die Wiederaufnahme seiner Recherchen zu Alana und Marko, von Doff eher missgünstig betrachtet. “Why don’t we just leave them alone?”, fragt er. Und zieht Parallelen zu sich und seinem Partner. “Maybe it’s just two people who like to screw even though everybody else thinks it’s gross and immoral.” Doch Upsher hat Blut geleckt, was das Paar wiederum in ihren Nachforschungen auf Kollisionskurs mit The Will führt, der nach erfolgreicher Gesundung weiter Rache für The Stalks Tod üben will.

Auf Sophie, Gwendolyne und Lying Cat müssen wir dieses Mal verzichten (immerhin Izabel kehrt in zwei Panels kurzzeitig zurück), wirklich spannend gerät das Abenteuer der beiden Journalisten allerdings nicht. Offensichtlich ist zudem, dass The Will (noch) nicht der Alte ist. Welchen Weg Vaughan mit der Figur einschlagen will, erscheint offener denn je – obschon Hazel im vergangenen Band anderes angedeutet hat. Kurze, drogeninduzierte Auftritte von The Stark und The Brand sind zwar ganz nett, vermögen jedoch nicht das (ohnehin schwache) Profil Letzterer zu stärken. So überraschend ihr Tod kam, so wenig ausgefeilt wirkt – zumindest bislang – ihre Charakterisierung im Vergleich zu The Stalk, die ja eingangs ein ähnliches Schicksal ereilte.

Immerhin beweist Vaughan, dass er problemlos eine Randfigur wie Lexis zu einem funktionierenden Tertiärcharakter entwickeln kann, auch Petrichor könnte eine willkommene Ergänzung für das Ensemble sein. Narrativ versucht Saga im sechsten Band jedenfalls ein paar offene Enden zusammenzuführen, ehe wohl in den kommenden Ausgaben erneut am Konstrukt gerüttelt wird. Ob es da die Offenbarung im Schlusspanel gebraucht hat respektive sie denn nötig war, wird sich zeigen müssen. Volume 6 endet auf manch positiver Note (zumindest stimmungstechnisch), wirkt insofern aber – auch aufgrund vergangener Ereignisse – etwas zu harmonisch und gekünstelt. Was Saga nun gut täte, wäre ein neuer Sturm.

7/10

23. Juli 2016

Roseanne – Season One

Now I want you two to fight to the death.

Die Sitcom Family hat im US-Fernsehen eine lange Tradition, von Serien wie Leave It to Beaver und The Brady Bunch über Family Ties bis hin zu Modern Family in der Gegenwart. Mitte der 1980er Jahre eroberte The Cosby Show die Fernsehgeräte der Amerikaner und erzielte von 1985 bis 1988 die besten Quoten. Die Show fokussierte sich auf die in New York lebende schwarze Oberschichtsfamilie um den Gynäkologen Heathcliff Huxtable und seine Anwaltsgattin Clair. Vier Jahre später würden die Cosby-Produzenten Marcy Carsey und Tom Werner eine neue Familienserie ins Leben rufen: Roseanne. Ihres Zeichens eine Art Gegenentwurf zur The Cosby Show – und schon in ihrem ersten Jahr nach den Cosbys das meistgesehene Programm.

Im fiktionalen Lanford, Illinois lebt die Arbeiterfamilie der Conners. Mutter Roseanne (Roseanne Barr) ist als Bandarbeiterin einer Plastikbesteck-Firma der finanzielle Ruhepol der Familie, während Gatte Dan (John Goodman) zu Beginn der Staffel als Bauunternehmer auf Jobsuche ist. Roseanne und Dan, beide Anfang/Mitte 30, stammen aus der bürgerlichen Mitte und begegnen ihrem Alltag und dessen Problemen sowie der Erziehung ihrer drei Kinder Becky (Lecy Goranson), Darlene (Sara Gilbert) und D.J. (Michael Fishman) teils mit Ironie und mitunter auch mal mit Sarkasmus. Den materiellen Luxus der Huxtables konnten sich die Conners allerdings nicht leisten. Was beide Familien jedoch einte, war ihr Zusammenhalt untereinander.

Liebevoll, aber prinzipiell bestimmt wirkt da die Erziehung von Heathcliff Huxtable auf der einen Seite (z.B. in der Pilotfolge, wenn Cliff seinem Sohn Theo eine Wirtschaftslehrstunde mittels Monopoly-Spielgeld erteilt). Roseanne begegnet ihrem Nachwuchs weitaus liberaler und grundsätzlich mit einem gewissen Unernst, der auf seine Weise Spannungen beerdigt. Aufgrund der unterschiedlichen sozialen Welten vermochte Roseanne andere Themenaspekte zu behandeln wie The Cosby Show. Angefangen von der finanziellen Instabilität durch Dans Arbeitslosigkeit in der Pilotfolge Life and Stuff, die sich auch später noch in Episoden wie Mall Story niederschlägt, wenn Becky ein neues Kleid möchte, das Roseanne nicht bezahlen kann.

Aber auch zwischenmenschliche Konfliktherde tauchen in Lanford eher auf. So thematisiert die Serie früh in der vierten Folge Language Lessons Dans Probleme mit der steten Anwesenheit von Roseannes Schwester und Arbeitskollegin Jackie (Laurie Metcalf) in seinem Haus. Auch zu seinem Vater Ed (Ned Beatty), der mit der Berufswahl seines Sohnes unglücklich ist, hat Dan wie in Father’s Day zu sehen ein schwieriges Verhältnis. Gattin Roseanne geht es da – wie die Folge Dear Mom und Dad zeigt – wenig besser. Auch die pubertäre Becky und der rebellische Tomboy Darlene reiben sich bisweilen zuvorderst an ihrer Mutter. Die nimmt im Vergleich zu ihrem Mann als berufstätige Hausfrau eine sehr viel zentralere Rolle ein.

Eben dies war auch der Ansatz der Show, die Carsey und Werner um eine arbeitende Mutter bauen wollten. Wie geschaffen wirkte da Stand-up-Comedienne Roseanne Barr, die in ihrem Programm die Idee von der häuslichen Göttin pflegte. Eine ebensolche ist auch Roseanne Conner dann, die nach der täglichen Arbeit noch das Haus putzen, die Wäsche waschen und das Essen kochen muss. Die Sitcom selbst nutzt all dies jedoch weniger als vordergründige Problembildung, sondern lässt es stets als comic relief Running Gag im Hintergrund als Fußnote einer Szene laufen. Stattdessen behandelt Roseanne im ersten Jahr mitunter den Aspekt der Connerschen Ehe zweier High-School-Sweethearts, die womöglich zu früh Eltern wurden.

Wo The Cosby Show ein gereifteres Elternpaar präsentiert, fehlt es Roseanne und Dan nicht nur an der finanziellen Absicherung, sondern auch Erfahrung. Mit Mitte 30 leben sie nun nicht gerade das Leben, das sie sich womöglich einst ausgemalt haben. So träumte Roseanne einst von einer Karriere als Schriftstellerin und Radio Days thematisiert Dans Faible als Musiker. Wiederholt hebt die Show hervor, wie stark die Beziehung ihrer Hauptfiguren ist. So zählen sie in D-I-V-O-R-C-E zu den wenigen Paaren ihrer Schulzeit, die noch verheiratet sind und in The Memory Game kann auch ein vergangener Fehltritt das Familienbild nicht ins Wanken bringen. Weitaus mehr hadert Roseanne da schon mit den Verhältnissen an ihrem Arbeitsplatz.

Seien es Überstunden wie in Workin’ Overtime oder Anforderung an die Sollerfüllung wie in Let’s Call It Quits, die Bandarbeiterinnen um Roseanne haben es nicht leicht mit ihrer Firma, die zumeist durch Vorarbeiter Booker (George Clooney) repräsentiert wird. Zuhause warten dann noch erste Monatsblutungen der Tochter (Nightmare on Oak Street), Wirbelstürme (Toto, We’re Not in Kansas Anymore) und plötzlich versterbende Handelsvertreter (Death and Stuff). Roseanne erzählt weitestgehend Geschichten aus dem Leben, mit denen sich der durchschnittliche Zuschauer wohl etwas mehr identifizieren konnte als den Erlebnissen der Huxtables. Immerhin 21 Millionen Haushalte schalteten in der ersten Staffel ein.

Die Serie lebt dabei primär von den witzigen und innovativen Dialogen zwischen den Figuren, die in der Regel von einer ironischen Bemerkung Roseannes beendet werden. Auch die Dynamik und Chemie zwischen dem Ensemble ist vorzüglich. Barr und Goodman harmonieren exzellent, auch Goranson und Gilbert fügen sich neben Metcalf exzellent ein. Das Fishman, der nach dem Piloten Sal Barone ersetzte, abfällt, mag man durch sein junges Alter entschuldigen. Bis 1994 sollte Roseanne zu den fünf populärsten Fernsehprogrammen gehören, insgesamt lief die Show, die John Goodman zum Durchbruch verhalf, über neun Staffeln und 222 Episoden. Und gehört fraglos zum Pantheon der  Family Sitcoms wie den Cosbys und Bundys.

7/10

16. Juli 2016

Dark Night: A True Batman Story

The feel-good story of the year!

Wer ein Trauma erlebt, muss es wohl oder übel überwältigen – oder wird andererseits selbst von seinem Trauma überwältigt. Dazu gehört sicher auch die Vorstellung, nachts unterwegs überfallen und zusammengeschlagen zu werden. Ein Erlebnis, das ein Leben verändern wird. In welche Richtung, bestimmt aber immer noch die Person selbst. So wie im Falle von Paul Dini, dem Ende Januar 1993 eben dies widerfuhr. Zwei Straßen von seiner Wohnung entfernt wurde der Autor solcher Warner-Bros.-Zeichentrickserien wie Tiny Toon Adventures und Batman: The Animated Series von zwei Männern überrascht und verprügelt. “It took my surgeon several hours to rebuild the bones”, berichtet Dini in Dark Night: A True Batman Story.

Publiziert von Vertigo, einem Imprint von DC Comics, verarbeitet der heute 58-Jährige jenen Abend von vor 23 Jahren und die Narben, die er sowohl sinnbildlich als auch buchstäblich bei ihm hinterlassen hat. Eine Batman-Geschichte über Batman in gewisser Weise oder eben ein Erfahrungsbericht eines Opfers, dem der dunkle Ritter nicht zu helfen wusste. “This is not the story I’m known for”, stellt Dini, selbst eine Figur in diesem autobiografischen Comic, eingangs klar. “Though I guess it includes little bits of all of them.” Angefangen mit einer Art Prolog, in dem die Leser Paul Dini als unscheinbares Kind kennenlernen, das die Aufmerksamkeit mied. “The thing that made me visible was my imagination”, erzählt ein 8-jähriger Paul.

Seine Liebe für Geschichten, von The Junge Book über Paddington bis hin zu James Bond und Batman führte Dini schließlich als Autor zu Warner Bros. Animation. Hier arbeitete er unter anderem mit Steven Spielberg für Tiny Toon Adventures zusammen – und gewann mit seinen Kollegen einen Emmy –, ehe er zum Autorenstab von Batman: The Animated Series dazu stieß. Für den eingefleischten Fan des Verbrechensbekämpfers ein wahr gewordener Traum. Er hatte alles, was einen „Nerd“ wohl faszinierte. Nahezu alles. Ein Privatleben war nicht wirklich darunter. Seine versuchten Beziehungen zu aufstrebenden Starlets und zweitklassischen Schauspielerinnen scheiterten alle. Ein solches Rendezvous führte ihn im Januar 1993 auch aus dem Haus.

Auf dem Heimweg wurde aus Fiktion dann Realität als wenige Straßen von Beverly Hills entfernt zwei Männer Dini überfielen. Ein Jochbeinbruch und eine gebrochene Nase sowie mehrere Prellungen waren das Ergebnis jener Nacht, weitaus schwerer wiegten jedoch die psychischen Schmerzen. “What hurt the most was knowing that when I finally reached home no one would be there to say ´Oh my God!’” Zugleich fiel es dem damals 35-Jährigen schwer, weitere Helden-Geschichten für Batman zu schreiben, wenn das wahre Leben einen Ordnungshüter wie Bruce Wayne vermissen ließ. “Somehow writing about Batman seems real pointless right now”, gesteht Dini. Und versinkt mit den Wochen mehr und mehr im Selbstmitleid.

“People must have heard. And locked their doors”, rekapituliert er jene Nacht immer wieder. Kein Batman, der ihm zur Seite sprang – weder der fiktive, noch ein realer. Ab hier, wenn Dini sich auf den Konflikt mit dem Überfall und seinen Folgen fokussiert, erhalten verstärkt Figuren aus dem Batman-Universum Einzug in Dark Night: A True Batman Story. Ob Joker, Two-Face oder Poison Ivy, als charakterliche Personifikationen für Dinis innere Monologe stoßen sie nun zu den Panels dazu. Nehmen Gegenpositionen ein und sprechen das aus, wofür es dem damals geschundenen 35-Jährigen an Mut und Kraft fehlte. Auch Batman ist darunter, allerdings weniger um seinen „Schöpfer“ zu trösten als diesen eher auf vergangene Fehler hinzuweisen.

Vermeidbar sei der Vorfall gewesen, allen voran durch die Auswahl seiner Damenbekanntschaften, die eher an Kontakten zu Steven Spielberg als ihm interessiert waren. “You could have escaped them”, meint Batman da an einer Stelle lapidar. “Didn’t have to look like a target” an einer anderen. Wahrheiten, die Dini nur bedingt hören will. Weshalb er sich verstärkt dem Alkohol widmet und in seiner Wohnung einschließt, womit er Figuren wie Joker und Co. die Pforte öffnet. Insofern erzählt Dark Night durchaus, wie Kevin Smith nach einem Auftritt Dinis in seinem Podcast Fatman on Batman resümiert, in gewisser Weise die Geschichte eines Überlebenden. Von jemand, der scheinbar alles hatte und drohte, es an ein Trauma zu verlieren.

Visuell unterstützt wird Dini dabei von Zeichner Eduardo Risso, zuvorderst bekannt durch die Vertigo-Reihe 100 Bullets von Brian Azzarello. Allerdings wirken Rissos Zeichnungen durchwachsen, Gesichter und Gestalten variieren von Panel zu Panel, wirklich konsistent wirken diese nicht immer. Eher so, als hätte er mit anderen Künstlern kollaboriert. Eine gestalterische Offenbarung ist das Comic folglich nicht, wenn auch nur im Vergleich zu solchen opulenten Konkurrenten wie beispielsweise Fiona Staples’ Saga. Dafür gelingen die Überblendungen zwischen Realität und Phantasie durchweg vorzüglich, wenn die verschiedenen Batman-Widersacher nacheinander bei „ihrem“ Autoren vorbeischauen und nach dem Rechten sehen wollen.

Generell bietet Dini einen interessanten und intimen Perspektivenwechsel, jenseits der langlebigen Verbrechensbekämpfung von Batman. Der appelliert an den Autor, sein eigener Held zu sein, anstatt diese auf dem Papier zu suchen. “A stirring tale of resilience and redemption”, spöttelt Joker später. “The feel-good story of the year!” Was es nicht ganz trifft, aber auch nicht vollends falsch ist. “I could put up with any sort of mindless torture in public as long as I could let my imagination run wild in private”, erzählte Paul Dini über seine Schulzeit. Und untermauert mit Dark Night: A True Batman Story, dass sich daran 50 Jahre später wenig geändert hat. Er überwand sein Trauma und ließ es in seine Arbeit einfließen. Bruce Wayne wäre stolz.

8/10

9. Juli 2016

Popstar: Never Stop Never Stopping

Boom, parent trap!

Branchenkomödien können eine delikate Angelegenheit sein, da sie Dinge karikieren, die in der Regel bereits für sich oft nah an der Lächerlichkeit sind. Insofern eint Popstar: Never Stop Never Stopping, der zweite Kinofilm von The Lonely Island, relativ viel mit Ben Stillers Zoolander. Beide setzen eine ziemlich minderbemittelte, aber nichtsdestotrotz (oder gerade deswegen) von der Öffentlichkeit geliebte Figur in ein narzisstisches Medienumfeld. Wo Stiller das männliche Model Derek Zoolander mimte, schlüpft SNL-Veteran Andy Samberg in die Rolle des Popstars Conner4real, der nach einem Zwist mit seiner lange Jahre erfolgreichen Band The Style Boyz ein Solo-Projekt startete, dessen zweites Album inzwischen sehnsüchtig erwartet wird.

Die Co-Stars Akiva Schaffer und Jorma Taccone inszenieren Popstar: Never Stop Never Stopping dabei als Mockumentary, die sich vom Stil her weniger an This Is Spinal Tap orientiert als vielmehr an Andy Sambergs HBO-Kurzfilm 7 Days In Hell aus dem vergangenen Jahr. Der Film folgt dabei als Dokumentation den Wochen vor Conners Album-Release sowie der kurz danach beginnenden Tournee und all den Widrigkeiten, die sich für den Musik-Star in der Folge ergeben. Unterfüttert wird dieses „Archivmaterial“ mit Talking Heads anderer Musikgrößen, von Usher über Questlove bis hin zu RZA oder Carrie Underwood sowie Conners engerem Zirkel, darunter Band-Manager Harry (Tim Meadows) und Publizistin Paula (Sarah Silverman).

Conner selbst lebt dabei das Leben eines durchweg gepamperten Stars, der von Ja-Sagern umgeben ist. Ein Großteil der Entourage, wie sie im Trailer auftauchte (u.a. Will Forte als privater Dudelsack-Spieler), fiel dem Schnitt zur Last. Kurz erwähnt wird Roadie Zippy (Bill Hader), am prominentesten kommt noch Privatkoch Tyrus Quash (Justin Timberlake) daher. Im Zentrum steht jedoch Conner und sein drohender Album-Flop. Der bahnt sich bereits an, als der Star einen Deal mit einem Küchenwaren-Hersteller eingeht, der das Album des Künstlers automatisch in all seine Applikationen herunterlädt. Das “Songs of Innocence”-Debakel von U2 und iTunes lässt grüßen. Aber auch mit dem Album-Inhalt selbst tut sich Conner keinen Gefallen.

Mit 100 Produzenten arbeitete er zusammen, um lauter Hits zu garantieren. Doch zünden wollen die Songs nicht. Sei es seine Gleichberechtigungshymne Equal Rights, in der Conner zwar die Ehe von Homosexuellen befürwortet, sich selbst von dieser Gruppe jedoch distanziert (“Not gay”). Die Folge sind “mixed reviews”, wie es Conner kurz darauf selbst bei der Lektüre der Kritiken nennt, die von Negativwertungen bis hin zu Shit-Emojis reichen. Da hilft auch nicht Conners fingierte Beziehung zu einem britischen Film-Starlet (Imogen Poots), weshalb Harry kurzerhand die Reißlinie zieht. Er engagiert den aufstrebenden Rapper Hunter (Chris Redd) als Opening Act für die Tour – nur entwickelt sich der daraufhin verstärkt zum eigentlichen Star.

Vom umjubelten VIP gerät Conner immer mehr ins Abseits. Als einziger Freund, wenn auch nicht gewürdigt, erweist sich sein DJ Owen (Jorma Taccone), mit dem er einst bei den Style Boyz auftrat. Bis zu dem Moment, wo er Lawrence (Akiva Schaffer), das dritte Mitglied, durch seinen Egoismus verprellte. Der lebt seither auf einer Farm, während Owen alles daran setzt, die beiden ehemaligen Freunde getreu dem Lindsay-Lohan-Film The Parent Trap in einen Raum zu bringen, um sich auszusöhnen. Denn eine Reunion der Style Boyz geht nur als Trio, wie Lawrence später erläutert. “Like a tricycle. You take one wheel away, what do you got? Nothing!” Insofern ist die Richtung – und das Ende – des Films weitestgehend vorgegeben.

Von seiner Geschichte her will Popstar: Never Stop Never Stopping nur bedingt funktionieren, zu inkohärent ist diese inszeniert. So amüsant die namhaften Cameos auch sind, wirkt ihr Input zur musikalischen Bedeutung der Style Boyz oder von Conners Catchphrases (“Doinkdedoink”) nicht allzu glaubwürdig. Eine mehr interaktive Herangehensweise à la Entourage wäre hier überzeugender gewesen. Insofern hangelt sich der Film ein wenig von Vignette zu Vignette, die mal mehr und mal weniger zünden. Zugleich sollte man schon ein Fan von The Lonely Island und deren Humor sein, wie in Hot Rod oder den SNL Digital Shorts zu sehen. Der heimliche Star, so erklärt sich wohl auch die Herangehensweise an den Film, sollen aber die Songs sein.

Schließlich waren es Lieder wie Jizz In My Pants (153 Millionen Aufrufe) oder Like a Boss (142 Mio.), mit denen The Lonely Island sich auf YouTube einen Namen gemacht haben. Und eines kann man der Gruppe wahrlich nicht vorwerfen: dass es an guten Beats mangelt. Egal ob I’m So Humble mit YOLO-Co-Star Adam Levine oder Mona Lisa (“You’re an overrated piece of shit”), die Tracks gehen ins Ohr – auch wenn sie nicht zu den unsterblichen Stücken von The Lonely Island avancieren werden. Aber egal ob es die Hologramm-Show zu I’m So Humble ist oder der genial choreografierte Bühnenauftritt zu The Finest Girl (“Fuck Bin Laden”) – The Lonely Island wissen, wie sie sich und ihre infantil-vulgäre Musik amüsant inszenieren.

Im Gegensatz zu Hot Rod brennen sie allerdings nicht gerade ein Gag-Feuerwerk ab, etwas mehr Arbeit hätten sie also durchaus in ihre Charaktere stecken können. So ist Popstar: Never Stop Never Stopping eine leidlich gelungene Persiflage auf den modernen Pop-Zirkus, jenseits hier und da auftauchender Verballhornung von Branding und Selbstvermarktung. Ein Blick hinter die Kulissen wie im vergangenen Jahr Beyond the Lights will der Film sicher auch nicht sein, eine vollends überzeugende Branchenkomödie ist er allerdings ebenso wenig. “It’s the thought that counts”, erklärt Conner in einer späteren Szene einen Fauxpas gegenüber Owen. Und in gewisser Weise ließe sich dies auch über Popstar: Never Stop Never Stopping sagen.

7/10

2. Juli 2016

Game of Thrones – Season Six

It’s only tits and dragons.
(Ian McShane)


Schließlich war es soweit: das Kind musste auf eigenen Beinen stehen. Keine Windel mehr, keine Stützräder, kein Dach über dem Kopf im Elternhaus. Im Laufe des Lebens ist immer wieder Eigenständigkeit gefragt – und solche war, mit Abstrichen, dieses Jahr auch von David Benioff und D.B. Weiss gefordert. Beide Männer sind ihres Zeichens Showrunner und Autoren der populären HBO-Serie Game of Thrones, die in ihren ersten fünf Staffeln auf Buchmaterial von George R.R. Martins Reihe A Song of Ice and Fire basierte. Nur, dass der jüngste Roman The Winds of Winter bisher noch nicht erschien. Insofern tasteten sich Benioff und Weiss in der sechsten Staffel der Show vor in unbekannte Gefilde. Was man Game of Thrones deutlich anmerkte.

Zugleich hatten nun Kenner der Bücher keinen Wissensvorsprung, erlebten die meisten Ereignisse des sechsten Jahres so unbefleckt wie Romanlaien seit Beginn der Serie. So oder so dürfte es wohl für die wenigsten Zuschauer ein Schock gewesen sein, zu erfahren, dass Serienheld Jon Snow (Kit Harrington) zwar in der Tat tot war, es aber im Verlauf der jüngsten Staffel keineswegs blieb. Ohnehin kann sich Game of Thrones dieses Jahr nicht wirklich rühmen, besonders innovativ oder überraschend gewesen zu sein. Vielmehr wirkt das sechste Jahr wie ein kurzes Durchatmen, um sich auf den baldigen Schlussakt vorzubereiten. In zwei Jahren ist nämlich Schluss in Westeros, mit der achten Staffel als Finale für das Fantasy-Ränkespiel.

Vielleicht auch im Wissen, das Ende der geplanten siebenteiligen Buchreihe ohnehin nicht zu erleben, wo die Publikation des fünften Bands noch aussteht. Und auch wenn sich Benioff und Weiss im Vorfeld mit Martin zusammensetzten, wirkt es doch so, als wisse Game of Thrones nicht so wirklich, was es erzählen soll, ohne sich auf einen Zielort in A Song of Ice and Fire berufen zu können. So fiel mancher lahme Handlungsstrang dieses Jahr schlicht unter den Tisch, andere wurden gnädiger Weise zum Ende der Staffel hin wiederum eingestellt, nachdem sie zwei Jahre lang auf der Stelle traten. Allen voran der wenig ertragreiche Ausflug von Arya Stark (Maisie Williams) nach Braavos zum Auftragskiller-Training der Faceless Men.

Zwei Staffeln lang verdingte sich die jüngste Stark-Tochter hier als Azubi von Jaqen H’ghar (Tom Wlaschiha), ohne dass dies wirklich einem Zweck folgte, außer Beschäftigungstherapie für die Figur zu sein. Ähnlich wirkt der Handlungsstrang von Daenerys Targaryen (Emilia Clarke), die nochmals die Reise vom Dothrakischen Meer nach Meereen bestreiten darf. Dort erwarten ihr Berater Tyrion Lannister (Peter Dinklage) und Konsorten ihre Rückkehr und versuchen derweil, den Frieden aufrecht zu erhalten. Wenn Game of Thrones im Staffelfinale The Winds of Winter buchstäblich die Segel setzt und Essos hinter sich lässt, nimmt das Geschehen endlich Fahrt auf. Selbst wenn der Zuschauer davon erst etwas in den finalen beiden Staffeln hat.

Die Krux liegt sicher auch mit am umfangreichen Ensemble der Serie. Entsprechend dienen die Staffelauftakt-Folgen wie The Red Woman nahezu ausschließlich dazu, den aktuellen Stand der zentralen Figuren abzuhaken. Eine wirklich flüssige Narration vermag sich da nicht einzustellen, so unstet wie die Episoden oft ausfallen. Da gerät ein inhaltlich eigentlich bedeutender Handlungsstrang wie Dorne nach dem Prinzessinen-Mord im Vorjahresfinale ins Hintertreffen. Stattdessen begleiten wir vereinzelt Samwell Tarly (John Bradley) und seine Freundin Gilly (Hannah Murray) auf ihrer ereignislosen Reise zur Bibliothekshauptstadt Oldtown. Ähnlich unterbeschäftigt sind auch Petyr Baelish (Aidan Gillen) und Brienne of Tarth (Gwendoline Christie).

Ersterer taucht nur sporadisch auf, Letztere erledigt primär Botengänge. Irgendwie ein solcher ist auch der Ausflug von Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) jenseits der Mauer, wo er wie seine Schwester eine Ausbildung antritt – hier beim Seher Three-eyed Raven (Max von Sydow) –, die er dann nicht beendet. Hauptsächlich schickt sich die sechste Staffel an, die Charaktere in Position zu bringen für die Dinge, die da nahen. Es kommt zu neuen Bündnissen und Wiedersehen. Der königlose Ritter Ser Davos (Liam Cunningham) und Hexe Melisandre (Carice van Houten) scharen sich nun um Jon Snow, der mit Schwester Sansa (Sophie Turner) an seiner Seite die Konfrontation mit Winterfell-Besetzer Ramsay Bolton (Iwan Rheon) sucht.

In Bewegung kommen auch die Iron Islands, wo Rückkehrer Theon Greyjoy (Alfie Allen) sich mit seiner Schwester Yara (Gemma Whelan) ebenfalls einem Usurpator in Person ihres Onkels Euron (Pilou Asbæk) gegenüber sieht. Stagnation zelebriert derweil King’s Landing, wo sich Cersei (Lena Headey) und Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) nebst den Tyrells um Königin Margaery (Natalie Dormer) weiterhin mit der Sekte des High Sparrows (Jonathan Pryce) auseinandersetzen müssen. Die Hintergründe der Situation – die beiden mächtigsten Familien Westeros’ sind Geiseln von zwei Dutzend Fundamentalisten – arbeiten Benioff und Weiss dabei nicht heraus. Was zum großen Bedauern auf fast jeden der Handlungsstränge zutrifft.

Getreu klassischer HBO-Manier entwickeln sich die meisten Figuren nicht weiter (Jaime Lannister ist eine der wenigen Ausnahmen), reflektieren auch nicht ihre eigene Vergangenheit und Taten. In der Folge wirken Charaktere wie Jon Snow oder Cersei Lannister enorm eindimensional, wenn sie schlicht über ihre Handlungen definiert werden, aber mit oft fehlender Motivation. Die Figuren in der Serie hinterfragen sich nicht. Wenn Petyr Baelish da in The Winds of Winter wiederholt, sein Ziel sei es, auf dem Iron Throne zu sitzen, lässt Game of Thrones die Frage im Raum stehen: wieso? Selbiges ließe sich im Prinzip auch über Daenerys Targaryen sagen, die Show propagiert Macht um der Macht willen, ohne dass sich von ihr etwas versprochen wird.

Gleichzeitig stellt die sechste Staffel auch wiederholt die Generationen einander gegenüber. Wie bereits in früheren Staffeln wird Daenerys da der Vergleich zu ihrem Vater, dem Mad King, vor Augen geführt. Auch die übrigen Nachkommen, von König Tommen (Dean-Charles Chapman) über Ramsay Bolton bis hin zu den Greyjoys und Jon sowie Sansa, müssen sich dem Erbe ihrer Väter und Häuser stellen. Eine wirkliche Wahl in ihrem Handeln haben sie dabei allerdings nicht. “Fire and blood”, spricht da im Staffelfinale eine Figur das Motto eines der Häuser aus. “What is dead may never die”, hieß es im Vorfeld bereits anderswo in Westeros. Ein Königreich, dessen gemeinsame Sprache Blut, Mord und Gewalt ist. Auch dieses Jahr.

Den Blick zurück wagen lediglich Arya als Zuschauerin einer Show innerhalb der Show sowie ihr Bruder Bran als designierter Seher – welche Bedeutung diese Rolle auch immer im Kontext der Geschichte einnimmt. Als Folge bedient sich Game of Thrones bisweilen Rückblenden, um bislang offene Fragen mit Antworten zu versehen. Was nicht bedeutet, dass auch hierbei auf Gewalt verzichtet werden muss. Gut zwei Dutzend bekannter Figuren verabschieden sich von der Serien-Gehaltsliste – das Feld dünnt sich aus. Wohl auch, weil sich Benioff und Weiss des aufgeblähten Ensembles bewusst sind. Und in den ausbleibenden Episoden, die weniger als die üblichen zehn pro Staffel sein werden, voll auf die “key player” fokussieren wollen.

Insofern verdient sich die jüngste Staffel zumindest über weite Teile den Status als Füllmittel. Wenn in drei Jahren auf alle acht Staffeln zurückgeblickt wird, dürfte man zu dem Schluss kommen, dass das Alles auch in weniger Folgen hätte erzählt werden können. Und dabei insbesondere auf die Staffeln 5 und 6 blicken. Was nicht bedeutet, dass dieses Jahr nicht seine Momente gehabt hätte. Zwar baute die zweite Hälfte der Staffel merklich ab, dennoch wusste die Serie gerade mit der Bran-lastigen Episode The Door sowohl narrativ wie von der Inszenierung her einen der wenigen Höhepunkte ihrer Geschichte abzuliefern. Was sicher auch mit daran gelegen haben mag, dass Lost-Veteran Jack Bender hier erstmals die Regie übernommen hatte.

Auch Book of the Stranger wusste zu gefallen, wohingegen The Battle of the Bastards nicht nur, aber auch wegen des renommierten Status’ als neunte Folge stark enttäuschte. Weniger von ihrem Umfang und Umsetzung her, als dem, was sie erzählte. Selten war eine Fernseh-Episode wohl vorhersehbarer gewesen als hier. Nahezu eine Ohrfeige für eine Serie, die zuvorderst dadurch funktionieren will, indem sie ihre Zuschauer überrascht und schockiert. Letzteres war ebenfalls die Intention des Staffelfinales The Winds of Winter, doch auch jene Episode wartete zum einen mit Twists auf, die sich erahnen ließen. Und vermochte zum anderen wie ihre zahlreichen Vorgänger die Motivation hinter den Handlungen der Charaktere nicht zu erklären.

Abseits der Drehbuchautoren verdient sich Game of Thrones jedoch ohne Zweifel seinen Ruf als Qualitätsfernsehen. Ob Ausstattung oder Kostüme, von der Maske bis hin zu den Special Effects – noch nie sah die Show so gut aus wie im sechsten Jahr. Lob, das sich auch das umfangreiche Ensemble verdient, welches seine Figuren – so weit es die Drehbücher eben zulassen – zum Leben erweckt. Oft sind es die kleinen Momente und stillen Blicke, in denen Schauspieler wie Alfie Allen, Maisie Williams, Carice van Houten oder auch einmalige Gast-Darsteller wie Ian McShane ihre Klasse abrufen. Hinzu kommen herrliche Neunankömmlinge wie die kecke Lady Mormont (Bella Ramsey) sowie lieb gewonnene Legenden wie Olenna Tyrell (Diana Rigg).

Wer damit leben kann, dass Benioff und Weiss mit der sechsten Staffel von Game of Thrones primär den Tisch decken für das noch ausstehende Zwei-Gänge-Menü – oder wer generell mit den Grundprämissen der Show, von Ian McShane wunderbar als “tits and dragons” umschrieben, schon zufrieden genug ist –, für den hält die Serie erneut alles bereit, was das Herz begehrt. Als kurzweilige und opulent inszenierte Unterhaltung geht dieses sechste Jahr in Ordnung, selbst wenn sich die Serie gegenüber anderen Shows mit den Jahren nicht sonderlich weiter entwickelt hat. Insofern sind die Showrunner trotz fehlender Buchvorlage immer noch so etwas wie Nesthocker im Hause George R.R. Martins. Ausgezogen wird nächstes Jahr.

7/10