26. August 2014

Coherence

If anything strange were to happen (…) we should stay inside.

Von allen Filmgenres folgt der Horrorfilm wohl am ehesten seinen eigenen Regeln. Und Logik – oder Kohärenz – ist oftmals keine davon. Es ist elementar, dass die meisten Figuren dumm sind oder dumme Sachen tun. Cabin in the Woods versuchte sich daran, mit den Klischees des Genres zu spielen, indem er sie fütterte. James Ward Byrkit macht sich derlei Mühen mit Coherence nicht, der sich allerdings auch weniger als Horror, denn Mystery-Thriller verstanden wissen will. Mit dem Horror eint ihn wiederum die Tatsache, dass dumme Figuren dumme Dinge tun, was insbesondere dann ärgerlich ist, wenn die Filmprämisse wie hier der Fall eigentlich grundsätzlich ganz interessant ist. Auch wenn sie Coherence nicht nutzt.

Im Mittelpunkt steht ein Abendessen unter acht Freunden, das mit Spannungen beginnt. Denn Emily (Emily Baldoni) erfährt, dass in Laurie (Lauren Maher) die Ex-Freundin ihres Freundes Kevin (Maury Sterling) anwesend sein wird. Nichtsdestotrotz macht die Gruppe das Beste aus der Situation, ehe ein die Erde passierender Komet für einen Stromausfall sorgt. Telefon und Internet gehen nicht mehr, aber ein Haus zwei Straßen weiter ist hell erleuchtet. Vermutlich ein Generator. Also machen sich Lauries Freund Amir (Alex Manugian) und Hugh (Hugo Armstrong) auf zum Haus, um Hughs Bruder anzurufen, da dieser mit theoretischen Physikern abhängt und mehr wissen könnte. Fortan ereignen sich verstärkt merkwürdige Dinge.

Was hat es mit den Personen auf sich, die ans Fenster klopfen und Nachrichten an die Tür kleben? Und wieso befinden sich in jener Box, die Amir und Hugh vor dem anderen Haus gefunden haben, Bilder von der achtköpfigen Clique? Nachdem Emily beim Abendessen Anekdoten von seltsamen Vorfällen rund um einen passierenden Kometen im Jahr 1923 berichtet und Hugh wiederum von dem erzählt, was er durch das Fenster des anderen Hauses gesehen hat, wird klar, dass Quantenmechanik interpretiert werden muss. Passende Bücher hat Hausherr Mike (Nicholas Brendon aka Xander aus Buffy the Vampire Slayer) aber nicht parat. Zum Glück hat Hughs Bruder aber ein passendes Exemplar rechtzeitig per Post gesendet.

Zwar riet der auch, falls sich seltsame Dinge ereignen sollten, das Haus nicht zu verlassen, aber ebenfalls, dass man ihn anrufen soll. Weshalb in gewisser Weise Hugh und Amir mit ihrem Aufbruch die weiteren Ereignisse des Films auslösen – ob beziehungsweise inwieweit, wäre selbst Gegenstand einer Diskussion. Das Ergebnis, es sei lediglich gesagt, dass verschiedene Interpretationen von Quantenmechanik – darunter die everett’sche Viele-Welten-Variante – eine Rolle spielen, gäbe durchaus ein interessantes Szenario. Wenn sich die Figuren auf dieses einlassen oder rational handeln würden. Stattdessen bricht sich in Coherence Panik Bahn, die sich dem Zuschauer angesichts der Umstände nicht wirklich erschließen will.

Prinzipiell hätte Byrkit dabei gerne auf das ein oder andere Beziehungsdrama (mehrere Figuren haben eine romantische Vergangenheit miteinander, was thematisiert wird) verzichten können, um sich mehr der Idee des Films zu widmen. In einer kurzen Montage kriegt das Publikum diese gegen Ende quasi kurz im Schnelldurchlauf vor Augen geführt, ehe eine der Figuren eine Entscheidung trifft, die nicht recht motiviert wirkt und somit ohne Fundament daherkommt. Das Byrkit sich nicht voll der Prämisse widmet, mag durch das geringe Budget beziehungsweise die Schwierigkeit der Umsetzung begründet sein. Letztendlich wäre mit einem veränderten Fokus – zumindest für mich – ein weitaus interessanterer Film entstanden.

So darf man Byrkits Film dennoch zugestehen, dass er für anschließende Interpretationsdiskussionen sorgen wird – ähnlich wie ein Inception. Ungeachtet der fehlenden Klasse dieser Filme trägt ihnen das eine gewisse Qualität zu. Was nichts daran ändert, dass die letzten 15 Minuten von Coherence eher als Übergang zwischen zweitem und drittem Akt geeignet wären, anstatt in das Ende überzuleiten. Oder wenn sich die Figuren eines Films einmal nicht durch inkohärentes Verhalten auszeichnen würden. Wo Verstand ist, kann Spannung scheinbar nicht existieren. Allerdings gibt es jedoch keine Geschichte, wenn die Figuren in Filmen wie diesem wiederum nicht das Haus verlassen. Aber eben dann auch keine Konsequenzen.

3/10

19. August 2014

Under the Skin

N-N-Nuh-- N-N-Nuh-- N-N-Nuh-- No.

Ist es ein Raumschiff? Ist es eine Iris? Am Anfang von Jonathan Glazers Sci-Fi-Adaption Under the Skin, lose basierend auf dem gleichnamigen Roman von Michel Farber, fällt es schwer, die Bilder richtig zu interpretieren. Sie erinnern entfernt an die visuellen Spielereien eines 2001: A Space Odyssey und zeugen von der Ankunft eines Aliens, welches für den restlichen Filmverlauf von Scarlett Johansson gespielt wird. Untermalt werden die Eingangsbilder von gutturalen Lauten, wenn sich das Alien bemüht, unsere Sprache nachzuahmen. In einem Raum aus weiß streift es sich die Klamotten eines regungslosen Mädchens über, dessen Erscheinungsform es übernommen hat. The Terminator lässt grüßen, war aber weniger kunstvoll.

Jonathan Glazer, der im Trailer zum Film das Standardsiegel des „visionären“ Regisseurs erhält, inszeniert Under the Skin in der Tat zuvorderst über seine Bilder. Auf das eindrucksvolle Opening folgen Bilder des Aliens, welches in einem Van durch Glasgow fährt, auf der Suche nach Single-Männern, deren Verschwinden niemandem sofort auffallen würde. Mit schwarzer Perücke und dickem roten Lippenstift wird flirtender Small Talk geführt. Bis tatsächlich Männer in die Venusfalle tappen. “Gorgeous” sei sie, hört das Scarlett-Johansson-Alien dabei immer wieder. “Cheers.” In leerstehenden Häusern lockt das Alien die Männer in einen schwarzen Raum, in welchem der Boden sich verflüssigt bis die nackten Opfer unter ihm verschwinden.

Da war sie wieder, die immer mal wieder auftauchende visuelle Genialität des Films, die brillant von der atmosphärisch-mystischen Musik von Mica Levi untermalt wird. Die Welt des Aliens, zu der es hier und da inmitten der unsrigen Einblicke gibt, ist zweifelsohne faszinierend. So auch, wenn wir in der Mitte des Films bildlich erzählt bekommen, was Sinn und Zweck der Männerjagd des Aliens ist. Dieses mutiert in Form von Scarlett Johansson zum buchstäblichen “Maneater”, auf fast schon anmutige Weise erzählt durch die Bildsprache von Daniel Landin. Hier sehen wir den Auslöser und das Motiv der Filmhandlung, die eigentliche Prämisse ist jedoch eine andere. Denn Ende des zweiten Akts setzt bei dem Alien eine Wandlung ein.

Dieser widmet sich Michel Farber in seinem Roman ausführlich, während sie in Jonathan Glazers Film wiederum weitestgehend untergeht. Wo das Alien im Buch realisiert, dass hinter dem Mensch mehr steckt als das, wozu es auf die Erde gekommen ist, wird das Interesse seines Filmpendants nicht wirklich deutlich. Plötzlich kehrt es seiner Tätigkeit den Rücken und versucht sich im dritten Akt an einem integrativen Prozess. Was heißt das eigentlich, Mensch zu sein – und nicht nur wie einer auszusehen? Eine gute Frage, der sich viele Denker gewidmet haben. Jonathan Glazer ist keiner von ihnen. Mensch sein heißt in Under the Skin Torte zu essen und Sex zu haben. Auch wenn beides aufgrund der außerirdischen Anatomie nicht geht.

Das Drehbuch, es ist des Films größter Widersacher. Fragen, die sich einem in den ersten beiden Akten stellen (warum „jagt“ das Alien Männer mitten in Wohngegenden, anstatt wie im Roman auf Anhalter zurückzugreifen?), erscheinen spätestens dann der Vernachlässigung wert, wenn im dritten Akt die Humanisierung des Außerirdischen thematisiert wird. Wirklich interessant gerät diese nicht, was auch daran liegen mag, dass sie oberflächlicher kaum geraten könnte. Visuell wird zeitgleich wenig geboten, die kreative Bildsprache wird weitestgehend zurückgestellt, allenfalls einige schöne Landschaftsaufnahmen der schottischen Provinz wissen zu gefallen. Und so sehnt man als Zuschauer irgendwann nur noch das Ende herbei.

Was etwas schade ist, da Under the Skin keinesfalls ein schlechter Film ist. Genau genommen sogar Jonathan Glazers bester, nach dem eher belanglosen britischen Krimi Sexy Beast und dem völlig missratenen Drama Birth. Wie in diesen zeigt sich auch hier, dass Glazer nicht wirklich eine Figurenzeichnung versteht, allenfalls deren schablonenhafte Skizzierung. Immerhin kommt hier zu Gute, dass der Protagonist ein Alien ist, welches von Scarlett Johansson mit jener stoischen Selbstverständlichkeit gespielt wird, wie es zuvor schon anderen Kollegen wie David Bowie oder Keanu Reeves pflegten. Sie ist im Grunde die einzige Schauspielerin in einem Film, der zum Großteil mit Laiendarstellern auskommt. Und das auch sehr gut.

Die eindrucksvollste Szene in Under the Skin ist jene, in der das Alien nachts in einem Vorort einen Mann anspricht und in sein Auto lockt, dessen Gesicht von Tumoren entstellt ist. Wenn das Alien in freundlicher Manier seinen üblichen Small Talk startet (gibt es Freunde oder Freundin, die ihn vermissen würde?) und der entstellte Mann das verneint, wirkt das zum einen wie gehässiges In-die-Wunde-reiben und zugleich wie aufrichtiges Interesse. “Don’t you get lonely then?”, fragt das Alien den Mann und sieht womöglich in diesem letztlich auch in gewisser Weise eine Spiegelung seiner selbst. Ein Wesen ohne Freunde und Partner. Es ist die entscheidende Szene vor seiner scheinbaren Katharsis und mit den visuellen Ideen des Films sein Highlight.

Was es jedoch letztlich von seiner Mission abbringt und zum Menschsein hinzieht, bleibt im Film außen vor. Ein wirkliches Thema besitzt Glazers Film dabei nicht, interessiert ihn doch weder der eine noch der andere Aspekt seiner Handlung. Die positive Resonanz von Under the Skin – Glazer wird bereits als Erbe Kubricks geadelt – erklärt sich wohl zuvorderst ob der erschaffenen Atmosphäre des Films, der sich weniger Worte bedient und mit ungewöhnlichen Bildkompositionen dient. Style over Substance, wenn man so will. Dass das eine das andere nicht ausschließt, zeigt ein Terrence Malick mit seinen Werken, zum Problem wird es in Under the Skin, da der Film zum Schluss doch Substanz erschaffen will, ohne diese zu etablieren.

Das Ergebnis ist dann dennoch Jonathan Glazers bis dato reifster und bester Film, auf jeden Fall eine Steigerung gegenüber dem missratenen Birth und sicherlich auch so manchem anderen Genrevertreter wie Nicolas Roegs lahmen The Man Who Fell to Earth weit überlegen. Ähnlich wie dieser könnte Under the Skin dabei zu einer Art Kultfilm avancieren, nicht zuletzt aufgrund seines limitierten Release (hier in Deutschland erscheint er Direct-to-DVD), der danach schreit, als Geheimtipp die Runde zu machen. Etwas schöner – und befriedigender – wäre allerdings gewesen, wenn man unter der Oberfläche von Under the Skin tatsächlich etwas vorgefunden hätte. Wie im Falle seines Aliens zeigt sich jedoch, dass der Schein trügen kann.

6.5/10

12. August 2014

Guardians of the Galaxy

We’re just like Kevin Bacon.

Ungeachtet dessen, zu was sich Hollywoods Blockbuster-Maschine entwickelt hat, ist ein interessanter Trend zu beobachten: große Filme werden kleinen Regisseuren anvertraut. Egal ob Colin Trevorrow (Safety Not Guaranteed) nun Jurassic World inszeniert, Gareth Edwards (Monsters) zuvor Godzilla, Josh Trank (Chronicle) in Kürze Fantastic Four oder wie in Guardians of the Galaxy der Fall James Gunn (Slither) hinter der Kamera Platz nimmt. Oftmals unverbrauchte Kreative mit frischen Ideen – vielleicht das einzige Zugeständnis einer Branche, die sich schon lange von kreativen frischen Ideen verabschiedet hat. Und so gerät auch Marvels jüngstes Werk vom Produktionsband: streckenweise frisch, grundsätzlich aber konventionell.

Als Ausgangsbasis dient eine Comic-Serie von 2008 um eine Gruppe merkwürdiger außerirdischer Typen, die zum Heldenteam und Schützern der Galaxie avancieren. Wie man das gewohnt ist, weicht die Filmadaption an den Stellen vom Original ab, wo es aus besseren Vermarktungsgründen empfehlenswert ist. Im Mittelpunkt des Films steht ein mysteriöses Artefakt, dessen sich der Kleinkriminelle Peter Quill aka Star-Lord (Chris Pratt) bemächtigt, hinter dem aber auch der Soziopath Ronan (Lee Pace) her ist. Er will das Artefakt für Bösewicht Thanos (Josh Brolin) besorgen, damit dieser wiederum für Ronan den Planet Xandar ausmerzt. Helfen soll Ronan dabei die Attentäterin Gamora (Zoe Saldana), eine von Thanos’ Adoptivtöchtern.

Zugleich ist Peters Ex-Team rund um Space-Pirat Yondu Udonta (Michael Rooker) wegen des Artefakts hinter ihm her, genauso wie ein Kopfgeldjäger-Duo. Das Zusammentreffen von Waschbär Rocket (Bradley Cooper) und Baumwesen Groot (Vin Diesel) mit Peter und Gamora verläuft jedoch suboptimal, weswegen sich das Quartett bald im Gefängnis wiederfindet. Dort lernen sie Drax (Dave Bautista) kennen, der eine eigene Rechnung mit Ronan und Thanos offen hat. Jetzt gilt es nur noch, gemeinsam auszubrechen, sich das Artefakt zu sichern und es zu dem ominösen Käufer The Collector (Benicio del Toro) zu bringen. Und das am besten, bevor die zwei Parteien rund um Ronan und Yondu mit ihnen aufgeschlossen haben.

Jede Menge Figuren – zu denen sich Nebula (Karen Gillan), eine weitere Adoptivtochter Thanos’, und die Xandar-Beamten Nova Prime (Glenn Close) und Rhomann Dey (John C. Reilly) gesellen –, weshalb es nicht verwundert, dass Guardians of the Galaxy sich keiner von ihnen wirklich widmet. Randbemerkungen müssen als Charakterisierung ausreichen (Ronan tötete die Familie von Drax, Thanos die Familie von Gamora, Peter verlor seine Mutter an Krebs und Rocket ist ein wissenschaftliches Experiment), was zwar als lose Motivation ausreicht, einem die Figuren allerdings nicht näher bringt. Noch schlechter schneiden da nur die Antagonisten ab, deren Handeln – und Rolle – sich der Film nicht einmal die Mühe macht, wirklich zu erläutern.

Ronan will kaputt machen, der Collector will sammeln, Thanos will das Artefakt und Nebula will irgendwas (oder auch nichts) – weitere Infos gibt es wohl in den Comics. Da verwundert es nicht, dass es für die hier erzählte Geschichte des Collectors und Thanos’ nicht bedarf, sondern diese wohl eher als Marvel-Bindeglied zu Thor: The Dark World und The Avengers dienen. Vielleicht dient Ronan auch nur als MacGuffin, um eben unsere Heldengruppe zusammenzuführen. Deren Interaktion ist das szenische Highlight eines Films, der ähnlich wie The Avengers zuvorderst von dem Zusammenspiel seiner unterschiedlichen Figuren lebt. Seien es ironiefreie Straight Player wie Gamora und Drax oder sarkastische Einzeiler von Peter und Rocket.

Allerdings weiß James Gunn auch hier nicht, wann es zuviel ist, weshalb manches letzte Wort oder mancher letzte Blick als Pointe nicht vollends überzeugen. Generell hätte der Film etwas mehr Zeit mit den Figuren im Gefängnis verbringen können, um diese sich tatsächlich kennenlernen zu lassen. Opferungswürdige Szenen hierfür gibt es anschließend noch genug. Grundsätzlich stimmt jedoch die Atmosphäre von Guardians of the Galaxy, als sich nicht ernst nehmendes Space-Fantasy-Abenteuer voller illustrer Figuren. Die sind zwar in der Regel nur bunt angemalt und nicht so liebevoll zelebriert wie von Guillermo del Toro in Hellboy II, dennoch macht die Alien-Truppe rund um einen Waschbär und wandelnden Baum oft (genug) Spaß.

Hierbei können sich an sich auch die Effekte sehen lassen, selbst wenn diese im – wie man es von Marvel leider inzwischen gewohnt ist – überfrachteten Finale ins Comic-hafte abzurutschen drohen. Bei Rocket und Groot gibt es jedoch wenig zu meckern, womöglich hat man auch aufgrund gleich zweier wichtiger CGI-Charaktere auf die Ausstaffierung weiterer Statistenfiguren verzichtet. Für zusätzlichen Charme neben Chris Pratt als überzeugenden Space-Söldner sorgt der von Gunn zusammengestellte Soundtrack voller Evergreens, die im Film selbst eine ganz eigene Rolle spielen – allerdings zugleich ein paar Fragen aufwerfen. An diesen ist Guardians of the Galaxy keineswegs arm, immerhin handelt es sich um einen Blockbuster.

Als swashbuckling Weltraum-Abenteuer kann der Film trotz Überlänge und nur angerissener Figuren(-dynamik) aber überzeugen. Wenn man so will eine Art Mischung aus Star Wars und Firefly, weshalb der Film bei Marvels Christopher-Nolan-Pendant Joss Whedon sicher auf Anklang stößt. So ist Guardians of the Galaxy zwar einerseits erfrischend anders im Vergleich zu seinen Marvel- und Genre-Geschwistern, zugleich aber in Struktur und Aufbau wieder ziemlich konventionell. James Gunn macht folglich viel richtig und manches genauso „falsch“ wie seine Kollegen. Zumindest hat Guardians of the Galaxy ein eigenes Flair und eine eigene Geschichte, muss also nicht Wegbereiter für einen anderen Film sein – außer für sein eigenes Sequel.

6.5/10

6. August 2014

Dawn of the Planet of the Apes

Ape always seeks strongest branch.

Filmtitel werfen bisweilen so manche Frage auf. Zum Beispiel die von Christopher Nolans Batman-Trilogie oder warum Dawn of the Planet of the Apes auf Rise of the Planet of the Apes folgt. Da macht es der deutsche Verleih mit dem Wortspiel von „Prevolution“ und „Revolution“ auch nur bedingt besser. Wie dem auch sei, so ähnlich die Bedeutung der Titel für das neue Apes-Franchise auch sind, so ähnlich ist sich ihr Thema. Der jüngste Teil der Reihe bietet wahrlich so wenig Neues, dass er statt als Sequel getrost als Remake laufen könnte. Immerhin die Verantwortlichen sind frisch, wurde doch vom Regisseur über den Komponisten bis zum Kameramann und den Cuttern das Personal ausgetauscht. Gegenüber dem Vorgänger hat Dawn of the Planet of the Apes dennoch das Nachsehen. 

Auch vor der Kamera gibt es frische Gesichter. Grinsebacke James Franco wird ersetzt durch den hierzulande weithin unbekannten Jason Clarke. Der gibt Malcolm, einen Überlebenden jener Affengrippe, die am Ende von Rise of the Planet of the Apes fast die gesamte Menschheit ausgerottet hat. Mit anderen Menschen rund um Ex-Militär Dreyfus (Gary Oldman) hat sich Malcolm in den Überresten von San Francisco eingerichtet. Allerdings bedarf es Strom zum Überleben und den soll ein im Wald gelegener Damm besorgen. Blöd nur, dass sich in dessen Umgebung der intelligente Affenclan rund um Caesar (Andy Serkis) eingenistet hat. Mensch und Menschenaffe geraten in Konflikt miteinander und während Malcolm und Caesar um einen friedlichen Dialog bemüht sind, haben andere Parteien in beiden Lagern ihre ganz eigenen Interessen. 

So weit, so neu. Regisseur Matt Reeves (Cloverfield) inszeniert das Misstrauen zwischen beiden Rassen dabei gerade in seinem zweiten Akt relativ gekonnt. Wenn Malcolm mit Sohnemann (Kodi Smit-McPhee) und neuer Flamme (Keri Russell) „unter Affen“ leben darf, grenzt das Ganze zwar nicht an Culture Clash, doch es bahnen sich zwischenaffliche" Beziehungen an. Jugendliteratur verbindet eben Mensch und Affe und wenn man die Gattin des gegnerischen Führers heilt, bringt dies auch Bonuspunkte. Natürlich weiß jeder außer die direkt Beteiligten, dass dieser harmonische Friede nur von kurzer Dauer ist, da Caesars misstrauische rechte Hand Koba (Toby Kebbell) mitbekommt, wie Dreyfus und Co. Waffen zu horten beginnen. Hier zelebriert Reeves eine Spiegelung, wenn sowohl Clarke als auch Caesar in ihren eigenen Reihen mit Charakteren zu tun haben, die das Miteinander zwischen Mensch und Affe unterminieren. 

Die über allem stehende Botschaft ist: so verschieden sind wir gar nicht. Wie Caesar feststellt, schließt das auch die negativen Züge mit ein. Das Mantra „Affe nicht tötet Affe“ muss dann ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zeitliche segnen – und mit ihm auch die ruhigen Momente. Der gibt sich im Finale schließlich ganz seinem Action-Wahnsinn hin, wenn auf Pferden reitende Schimpansen im Akimbo-Stil ihre MG-Magazine leeren. Und so zieht und zieht sich der Schlussakt, bis man als Zuschauer gar nicht mehr weiß, warum die Affen jetzt eigentlich alle den 55. Stock einer Baustelle vereinnahmen und die Menschen sinnlos irgendwo C4 anbringen. All des Krawalls und Remmidemmis hätte es eigentlich nicht bedurft, aber Blockbuster scheinen heutzutage nicht mehr ohne pompöses Finale auszukommen. Dagegen war die Klimax des 1968er Originals fast schon kammerspielartig ruhig. 

Wirklich tiefgründig ist Dawn of the Planet of the Apes dabei nicht. Malcolms Offenheit könnte auch als Zugeständnis an die Situation gesehen werden, die von Caesar wiederum durch seine ehemalige Obhut in einem menschlichen Zuhause. Ungeachtet dessen funktioniert ihre Annäherung dennoch am besten, in einem schlichtweg viel zu lang geratenen Film. Ob es da der Eröffnungsszene auf Videospielgrafik-Niveau  bedurft hätte, sei dahingestellt. Grundsätzlich sehen die Affen im zweiten Teil (dessen Budget fast verdoppelt wurde) etwas besser aus als vor drei Jahren der Fall – es bleiben jedoch Pixel-Affen. Wer mag, kann Andy Serkis für sein Mo-Captioning loben, prinzipiell läuft sein Schimpanse aber auch nur weitestgehend mit ein und derselben Schnute durch die Gegend. Für einen Film, der sich primär durch seine Effekte auszeichnen will, ist das in Ordnung, aber nicht sonderlich bahnbrechend. 

Gegenüber dem ersten Teil baut die Fortsetzung somit leicht ab, wer jedoch bereits am Vorgänger Gefallen fand und wen die Vorstellung von MG-schwingenden Schimpansen in Ekstase versetzt, ist hier sicherlich an der richtigen Adresse. Dawn of the Planet of the Apes bietet Action und Drama - allerdings getrennt voneinander. Nur: Von der im Titel proklamierten Revolution zeigt sich im Film nicht viel (weshalb der Titel besser auf den Vorgänger gepasst hätte). Sei's drum, die Titel der Apes-Filme machten ja noch nie wirklich Sinn. Schließlich ist die Erde so wie so ein „Planet der Affen“ – selbst wenn sich der Mensch nicht gerne an seine biologische Familie erinnert.

6/10

1. August 2014

Filmtagebuch: Juli 2014

BIG
(USA 1988, Penny Marshall)
7.5/10

DRAGNET [SCHLAPPE BULLEN BEISSEN NICHT]
(USA 1987, Tom Mankiewicz)

4.5/10

THE GOONIES
(USA 1985, Richard Donner)
9/10

GUARDIANS OF THE GALAXY (3D)
(USA 2014, James Gunn)

6/10

JODOROWSKY’S DUNE
(USA/F 2013, Frank Pavich)
8/10

JOE VERSUS THE VULCANO [JOE GEGEN DEN VULKAN]
(USA 1990, John Patrick Shanley)

4.5/10

JUST GO WITH IT [MEINE ERFUNDENE FRAU]
(USA 2011, Dennis Dugan)

6/10

KALEVET [RABIES – A BIG SLASHER MASSACRE]
(IL 2010, Aharon Keshales/Navot Papushado)

2.5/10

A LEAGUE OF THEIR OWN [EINE KLASSE FÜR SICH]
(USA 1992, Penny Marshall)

7.5/10

LIFE ITSELF
(USA 2014, Steve James)
7/10

LOST – SEASON 1
(USA 2004/05, Jack Bender u.a.)
7.5/10

LOST – SEASON 2
(USA 2005/06, Stephen Williams u.a.)
8/10

MONTY PYTHON LIVE (MOSTLY)
(UK 2014, Aubrey Powell)
7.5/10

PARTICLE FEVER
(USA 2013, Mark Levinson)
6/10

SABOTAGE
(USA 2014, David Ayer)
5/10

SCARY MOVIE 5
(USA 2013, Malcolm D. Lee)
2/10

THE UNKNOWN KNOWN
(USA 2013, Errol Morris)
5.5/10

Werkschau: Frank Darabont


THE SHAWSHANK REDEMPTION [DIE VERURTEILTEN]
(USA 1994, Frank Darabont)

8/10

THE GREEN MILE
(USA 1999, Frank Darabont)
5.5/10

THE MAJESTIC
(USA/AUS 2001, Frank Darabont)
6/10

THE MIST [DER NEBEL]
(USA 2007, Frank Darabont)

6.5/10

“THE WALKING DEAD”: DAYS GONE BYE
(USA 2010, Frank Darabont)
8/10